Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Ablösevereinbarung eines Eishockeyspielers bei Konkurs seines Vereins
Leitsatz (amtlich)
Eine Ablösevereinbarung, durch die ein Eishockeyspieler aus seinem laufenden Vertragsverhältnis mit seinem in Konkurs gefallenen Verein herausgekauft wird, ist wirksam.
Normenkette
BGB §§ 138, 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9; KO § 22
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 228/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 16.2.2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
1. Gegen die Wirksamkeit der Ablösevereinbarung, durch welche der Eishockeyspieler T.W. von dem Beklagten aus seinem laufenden Vertragsverhältnis mit der Gemeinschuldnerin „herausgekauft” worden ist, bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Demnach ist auch der in diesem Zusammenhang vereinbarte Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Ablösesumme von ursprünglich 23.000 DM, der noch i.H.v. 13.000 DM offen steht, wirksam erwachsen:
a) Das Dienstverhältnis des Spielers W. mit der späteren Gemeinschuldnerin ist durch die Eröffnung des Konkurses unberührt geblieben. Der Vertrag war, was gem. § 22 KO – die 1996 noch anwendbar war – möglich gewesen wäre, nicht gekündigt worden.
b) Der Wirksamkeit einer Vereinbarung, durch die sich der bisherige Arbeitgeber einem potentiellen neuen Arbeitgeber ggü. verpflichtet, einen bei ihm beschäftigten Bediensteten aus dem Dienstverhältnis vorzeitig zu entlassen, steht nicht das „Bosmann”-Urteil des EuGH (NJW 1990, 505) entgegen. Denn in diesem Urteil geht es nur um unzulässige Beschränkungen des Sportlers, dessen Vertrag bereits ausgelaufen war (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.1999 – II ZR 305/98, ZIP 1999, 1807 [1811]). Im vorliegenden Fall hingegen bestand für den Spieler W. noch eine Vertragsbindung.
c) Auch deutsches Recht steht der Wirksamkeit nicht entgegen. Die streitige Vereinbarung verstößt insbesondere nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB). Im Lichte der Wertentscheidungen des EuGH sind Regelungen, die sich auf den Transfer von Berufssportlern auswirken, zwar auch vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG kritisch zu sehen (vgl. auch BGH, Urt. v. 27.9.1999 – II ZR 377/98, NJW 2000, 1028). Von einer Einschränkung der grundgesetzlich gewährleisteten Berufsfreiheit des Spielers kann hier indes keine Rede sein. Es gibt keinen Anhalt für diese Annahme; insbesondere ist vom Beklagten nicht vorgetragen worden, der Wechsel zum Beklagten sei ohne Zustimmung des betroffenen Spielers vereinbart worden. Eine sittenwidrige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit läge auch nicht vor, wenn – was bestritten ist – der Spieler beim Ursprungsarbeitgeber nach Konkurseröffnung wegen Erlöschens der Lizenz für den Spielbetrieb keine Möglichkeit zur wettkampfmäßigen Ausübung seines Berufs mehr gehabt haben sollte. Von einer solchen Beschränkung hätte sich der Spieler gem. § 22 KO durch Kündigung befreien können; er befand sich also in keiner Zwangslage, die zu seinen Lasten in sittenwidriger Weise hätte ausgenutzt werden können. Die Interessen des Spielers waren nach alledem durch die Forderung einer Ablösezahlung nicht relevant betroffen. Darauf, ob der Spieler infolge einer nach Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung erfolgten Einstellung des Spielbetreibers der Gemeinschuldnerin dort seinen Beruf nicht mehr hätte praktizieren können, wie der Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 2.2.2001 ausführt, kommt es deshalb nicht an. Dass der klagende Konkursverwalter nicht verpflichtet war, seine vertraglichen Dienstleistungsansprüche ggü. dem Spieler ohne Gegenleistung zugunsten des Beklagten aufzugeben, versteht sich vor diesem Hintergrund von selbst.
Auch wegen der Höhe der vereinbarten Abstandssumme (23.000 DM) besteht kein Anlass, die Vereinbarung als sittenwidrig zu qualifizieren.
2. Die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch. Auf die umfänglichen Ausführungen dazu, ob die Klage „demnächst” i.S.d. § 270 Abs. 3 ZPO zugestellt worden ist, kommt es nicht an. Denn die Verjährungsfrist bemisst sich vorliegend entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gem. § 196 BGB auf lediglich zwei Jahre. Die Abstandsvereinbarung der beiden beteiligten Arbeitgeber unterfällt entgegen dem angefochtenen Urteil weder § 196 Abs. 1 Nr. 8 noch § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB. Denn der Vertrag betrifft nicht die dort aufgeführten Entgeltsansprüche für Dienste oder Arbeiten, sondern verhält sich als Vertrag eigener Art (Palandt/Putzo, BGB, 58. Aufl., Einf. vor § 433 Rz. 20) über die vorzeitige Freigabe eines Arbeitnehmers aus seiner dienstvertraglichen Verpflichtung bei einem anderen Unternehmer. Vertragspartei ist hier – anders als in den Fällen des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 9 AGB – nicht der Arbeitnehmer. Ein zureichender Grund, die als Ausnahmeregelung zu wertende und damit einer Analogie nur restriktiv zugängliche abgekürzt...