Leitsatz (amtlich)
Zum Mitverschulden des Absenders, der erstens bei Auftragserteilung weiß oder zumindest wissen muss, dass der Frachtführer keine Schnittstellenkontrollen durchführt, und der zweitens das Gut nicht als "Wert-"Paket versendet, am späteren Verlust dieses Gutes.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 05.04.2007; Aktenzeichen 31 O 47/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.4.2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf (31 O 47/06) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.518,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 52 % und der Beklagte zu 48 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat im zuerkannten Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet. Im Einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:
A. Der Teilerfolg der Berufung beruht darauf, dass die Beklagte mit ihrem erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Einwand des Mitverschuldens wegen Auftragserteilung in Kenntnis des Umstandes, dass die Beklagte das Paket ohne durchgehende Schnittstellenkontrollen befördern wird, durchdringt. Außerdem muss sich die Klägerin als weiteres Mitverschulden anrechnen lassen, dass die S. F. GmbH (im Folgenden S-GmbH genannt) es unterlassen hat, das Paket als Wertpaket zu versenden.
I. Bei Auftragserteilung wusste die S-GmbH - oder sie hätte es zumindest wissen müssen -, dass die Beklagte das Paket ohne durchgehende Schnittstellenkontrollen befördern wird, weil die Beklagte ihre Kunden über diesen Organisationsmangel in Ziff. 2 ihrer Beförderungsbedingungen Stand 2005 informiert.
Diese Beförderungsbedingungen sind Vertragsbestandteil des hier in Rede stehenden Transportauftrages geworden, weil der S-GmbH zu diesem Zeitpunkt die Broschüre der Beklagten "Tariftabelle und Serviceleistungen" Stand 2005 vorlag, in der die Beförderungsbedingungen der Beklagten abgedruckt sind. Soweit die Klägerin dieses Vorbringen der Beklagten zweitinstanzlich schlicht bestreitet, ist dies aus Rechtsgründen gem. § 138 IV ZPO unerheblich, weil sie sich zu diesem Sachverhalt, der Gegenstand der eigenen Wahrnehmung von Mitarbeitern der S-GmbH gewesen sein muss, nicht mit Nichtwissen erklären kann.
Soweit die Klägerin bereits erstinstanzlich bestritten hat, dass die von der Beklagten vorgelegten Geschäftsbedingungen diejenigen des Jahres 2005 sind, ist dieses Bestreiten deshalb unerheblich, weil gerichtsbekannt ist, dass es sich hierbei um die Beförderungsbedingungen Stand Januar 2005 handelt.
II. Die Klägerin muss sich ferner wegen eines Mitverschuldens in Form nicht vorgenommener Wertdeklaration eine Kürzung ihres Anspruchs gefallen lassen (§§ 425 Abs. 2 HGB, 254 Abs. 1 BGB). Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass im Falle einer Wertdeklaration das Eintreffen des Pakets beim Zustellcenter und seine Zustellung an den Empfänger nachgehalten worden wäre. Demgegenüber lässt sich nicht feststellen, dass das Paket auch auf der Transportsrecke bis zum Eingangscenter sowie dort eine Sonderbehandlung erfahren hätte, wenn es wertdeklariert gewesen wäre.
Die vom Senat hierzu vernommenen Zeugen S. und (mit geringerer Detailgenauigkeit) C. haben zwar als den heutigen Stand geschildert, dass ab der Softwareversion 7.02 mit dem Tagesabschluss beim Kunden ein dem Abholfahrer zu übergebendes Dokument ausgedruckt werde, welches die wertdeklarierten Pakete mit "1Z"-Nummern und Wertangabe enthalte und welches der Fahrer zusammen mit den wertdeklarierten Paketen im Abholcenter dem Schichtleiter übergebe. Das gilt jedoch nach den Aussagen frühestens seit 2005, als mit der Einführung der Softwareversion 7.02 begonnen wurde.
Die S-GmbH hatte der Beklagten den Transportauftrag am 7.6.2005 erteilt. Ob die S-GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt die Softwareversion 7.02 benutzte, oder - wie eine Vielzahl anderer EDI-Kunden zu diesem Zeitpunkt- noch die Vorgängerversion, lässt sich weder dem Vorbringen der Beklagten noch dem zu den Akten gereichten Ausdruck (Anlage K 1) aus den EDI-Versanddaten entnehmen. Mithin ist die von den Zeugen geschilderte mit der Einführung der Softwareversion 7.02 einhergegangene Einführung der Sonderbehandlung wertdeklarierter Pakete nicht bewiesen.
Soweit der Zeuge S. bekundet hat, dass im EDI-Verfahren wertdeklarierte Pakete auch in der Zeit davor auf der Transportstrecke vom Absender bis zum Eingangscenter sowie dort generell sorgfältiger als andere behandelt worden seien, konnte der Senat gleichwohl keine entsprechende Überzeugung gewinnen.
Nach der Darstellung des Zeugen S. hatten die Abholfahrer Wertpakete, die ihnen ein Kunde gesondert übergab und deren deklarierter Wert 2.500 EUR überstieg, an einem gesonderten Platz beim Schichtleiter oder e...