Normenkette
UWG §§ 3, 5 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, § 12 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.02.2005) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. Februar 2005 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte bewarb das von ihr vertriebene Motoröl "...5 W-40" mit der Aussage "vollsynthetisches kraftstoffsparendes Leichtlaufmotorenöl für den Ganzjahreseinsatz". Die Klägerin beanstandet die Verwendung des Begriffs "vollsynthetisch" als irreführend.
Zum besseren Verständnis des Rechtsstreits seien folgende technische Erläuterungen vorausgeschickt: Klassische Motoröle wurden und werden durch fraktionierte Destillation (Raffination) aus Rohöl gewonnen. Rohöl besteht aus einer Vielzahl verschiedener Kohlenwasserstoffe, also chemischen Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Diese lassen sich nach ihrem unterschiedlichen Siedepunkt (Fraktionen) durch Destillation in verschiedene Gruppen trennen. Auf diese Weise wird beispielsweise Benzin oder Heizöl gewonnen. Einige Fraktionen sind als Schmierstoffe geeignet, bei den Motorölen bilden sie die Gruppe der Mineralöle, genauer gesagt handelt es sich um den Anteil an sogenanntem Grundöl, zu dem dann noch ein prozentual erheblich kleinerer Anteil an sogenannten Additiven tritt, die die Laufeigenschaften des Motors verbessern sollen. Die Additive machen zusammen etwa 20 bis 25 Prozent aus und sind in allen Motorölen enthalten. Da sich die Gewinnung der mineralischen Grundöle im Grundsatz nicht von der des Benzins und Heizöls unterscheidet, sind diese Motoröle vergleichsweise billig. Die fraktionierte Destillation vermag die im Rohöl vorhandenen chemischen Verbindungen aber nur nach ihrem Siedepunkt zu trennen. Mineralische Grundöle bestehen daher, auch nach Anwendung weiterer Reinigungsverfahren, immer noch aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Kohlenwasserstoffen, die nicht alle gleichermaßen gut als Schmiermittel geeignet sein müssen. Mitte der 70er Jahre sind daher als synthetische Öle bezeichnete Motoröle auf den Markt gekommen, deren Grundöl-Anteil nicht aus Mineralöl besteht, sondern aus einfachen Grundverbindungen durch Polymerisation und/oder Veresterung hergestellt worden ist. Ausgangspunkt für diese Synthese ist Ethylen, eine einfache aus zwei Kohlenstoff- und vier Wasserstoffatomen bestehende Verbindung, die ebenfalls aus Rohöl gewonnen werden kann. Bei Ethylen besteht zwischen den beiden vierbindigen Kohlenstoffatomen eine Doppelbindung. Da aber immer nur eine Bindung zwischen zwei Atomen im energetisch günstigsten Niveau ausgebildet werden kann, ist die weitere Bindung energiereicher, als es eine Einfachbindung wäre. Dies macht Ethylen sehr reaktionsfreudig. Eine Vielzahl von Ehtylenmolekülen kann sich zu langen Ketten verbinden, eine solche Reaktion nennt man Polymerisation. In Verbindung mit weiteren Umsetzungsschritten lassen sich so spezielle iso-Paraffine mit kurzer Haupt- und langen Seitenketten, sogenannte Polyalphaolefine (PAO), gewinnen. Durch Zugabe von Alkoholen und organischen Säuren (Carbonsäuren) können auch Dicarbonsäureester und Polyolester erzeugt werden. Der Vorteil des Verfahrens liegt in der Steuerung der molekularen Zusammensetzung des Endprodukts. Es werden Verbindungen mit einer bestimmten Kettenlänge und Molekularstruktur und damit auch immer gleichen Eigenschaften erzeugt. Dies erlaubt eine optimale Ausrichtung des Öls auf den beabsichtigten Verwendungszweck. Nachteil des Verfahrens ist der mit bis zu zwölf Arbeitsschritten sehr hohe Aufwand und damit einhergehend hohe Gestehungskosten für das Produkt, die zu einem gegenüber klassischen (mineralischen) Motorölen wesentlichen höheren Preis für das vollsynthetische Endprodukt führen.
Das von der Beklagten angebotene Motoröl "... 5 W-40" hat einen Anteil an Polyalphaolefinen (PAO) von 45,30 Prozent. Neben 24,7 Prozent Additiven weist es zudem einen Anteil von 30 Prozent sogenanntem Unconventional Base Oil (UBO) aus, um dessen Subsumtion unter den Begriff "vollsynthetisch" sich der Streit der Parteien dreht. Dieser Anteil wird weder wie ein klassisches Mineralöl durch fraktionierte Destillation und weitere Reinigungsschritte, noch wie die Polyalphaolefine durch Synthese aus Ethylen, sondern durch das sogenannte Hydrocracken gewonnen. Dabei werden Rohparaffine aus der Erdölraffination unter hohem Druck und Zugabe von Wasserstoff in Anwesenheit eines Katalysators aufgebrochen und neu zusammengesetzt. Dieses Verfahren kommt mit erheblich weniger Arbeitsschritten aus, die Gestehungskosten für Unconventional Base Oil (UBO) sind daher auch erheblich niedriger. Die so erzeugten Mo...