Leitsatz (amtlich)
Stellt sich ein Sachmangel vor Übergabe des Kaufobjekts heraus, so kann sich der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss auch auf eventuelle Ansprüche des Käufers aus culpa in contrahendo erstrecken.
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 1 O 34/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.7.2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve – 1 O 34/01 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 25.4.2000 kaufte der Kläger von den Beklagten ein Hausgrundstück zum Kaufpreis von 250.000 DM. In dem Vertrag wurde die Haftung für „heute etwa bestehende Sachmängel” ausgeschlossenen. Die Wasserversorgung erfolgt über einen Grundwasserbrunnen, das Abwasser wird mittels einer Schmitgen-3-Kammer-Kläranlage durch Verrieselung entsorgt. Die wasserbehördliche Erlaubnis wurde unter dem 4.11.1988 erteilt und war bis zum 31.12.1997 befristet. Vor Abschluss des Kaufvertrages erklärte der Beklagte, dass sämtliche Genehmigungen für das Objekt vorlägen. Nach der Beurkundung des Kaufvertrages erfuhr der Kläger, dass eine wasserrechtliche Erlaubnis nicht vorliegt. Eine erneute Erlaubnis wurde nicht bewilligt. Der Kläger trat vom Kaufvertrag zurück und macht Vertragsrückabwicklungskosten geltend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.
Einem Schadensersatzanspruch des Klägers aus culpa in contrahendo, der insoweit allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, steht der vertragliche Gewährleistungsausschluss entgegen. Da somit dem Kläger bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zusteht, ist die weitergehende Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Teil des landgerichtlichen Urteils unbegründet.
Der Senat teilt die Auffassung des LG, das grundsätzlich ein Anspruch aus culpa in contrahendo für den Kläger gegeben ist. Die fehlende wasserrechtliche Genehmigung stellt einen Umstand dar, über den der Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen hätte aufklären müssen. Mit der Berufung räumt der Beklagte ein, dass er diesen Umstand zumindest hätte erkennen können. Für einen Anspruch aus culpa in contrahendo genügt fahrlässiges Verhalten.
Da es nicht zur Übergabe des Hausgrundstückes gekommen ist, schließen die Gewährleistungsvorschriften der §§ 459 ff. BGB einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht aus (vgl. BGH v. 25.6.1982 – V ZR 143/81, WM 1982, 960 [961]).
Diesem Anspruch steht jedoch der im notariellen Kaufvertrag vom 25.4.2000 unter § 5 Ziff. 3 vereinbarte Haftungsausschluss entgegen. Dort heißt es:
„Besondere Eigenschaften des Kaufobjektes werden nicht zugesichert. Der Käufer hat das Objekt besichtigt und übernimmt es, wie es liegt und steht.
Die Haftung des Verkäufers für heute etwa bestehende Sachmängel, insbesondere die Haftung für die Richtigkeit des im Grundbuch eingetragenen oder amtlich ermittelten Flächenmaßes, für Ertrags- und Verwendungsfähigkeit des Kaufobjektes, wird ausdrücklich ausgeschlossen.
Hierzu versichert der Verkäufer nur, dass ihm wesentliche, für den Käufer nicht erkennbare Mängel, nicht bekannt sind.”
Zwar wird nach der Rechtsprechung des BGH durch einen vereinbarten Gewährleistungsausschluss für die Zeit vor Gefahrübergang der Umfang der Leistungspflicht des Verkäufers nicht eingeschränkt (vgl. BGH v. 10.3.1995 – V ZR 7/94, MDR 1995, 790 = NJW 1995, 1737). Dieser Rechtsprechung liegt jedoch die Annahme zugrunde, dass die Gewährleistungsansprüche gemäß §§ 459 ff. BGB, auf die sich der Gewährleistungsausschluss bezieht, regelmäßig erst nach Gefahrübergang entstehen (vgl. BGH NJW 1961, 772 [773]).
Ob ein Verkäufer seine Leistungspflicht vertraglich insoweit abändern darf, dass sie ausdrücklich nicht mehr auf eine mangelfreie Leistung gerichtet ist (in diesem Sinne Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 459 Rz. 185, 216 sogar für den normalen Gewährleistungsausschluss), so dass die Rechtsfolgen der §§ 320 ff. BGB nicht mehr eintreten, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Jedenfalls kann eine Haftung für Sachmängel vertraglich ausgeschlossen werden, so weit diese vor Gefahrübergang begründet wäre.
Diese Vorverlagerungswirkung eines Gewährleistungsausschlusses ist anerkannt für den Bereich der Anfechtung i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB (vgl. BGH WM 1962, 511 [512], wo nur aufgrund der Auslegung ein vertraglicher Ausschluss der Anfechtung verneint wurde). Entsprechendes gilt für einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo. Den Parteien muss es unbenommen bleiben, vertraglich den Ausschluss einer Haftung für den Vertrauensschaden, der von den §§ 459 ff. BGB nicht erfasst wird, zu vereinbaren. Zwar hat der BGH (BGH v. 12.12.1980 – V ZR 168/78, MDR 1981, 572 = NJW 1981, 1035 [1036]) ausgeführt, dass der in einem ...