Verfahrensgang

LG Kleve (Entscheidung vom 26.01.2007; Aktenzeichen 4 O 141/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 26. Januar 2007 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 7.060,51 EUR wegen erlittener Verluste bei Börsentermingeschäften, die die H. Finanzvermittlung (im Folgenden: H. Finanzvermittlung) auf der Grundlage eines "Introducing Broker Agreement" mit der Beklagten an diese vermittelt hat.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung des geltend gemachten Betrages bis auf einen Teil der Zinsforderung verurteilt. Es hat dies damit begründet, die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger seine Ansprüche auf vertragliche oder vertragsähnliche Ansprüche stütze, weil insoweit die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Kleve nicht gegeben sei. Im Übrigen sei die Klage zulässig. Das Landgericht Kleve sei gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO örtlich zuständig, weil zumindest ein Handlungsort durch die Tätigkeit der H. Finanzvermittlung im Landgerichtsbezirk Kleve liege. Es sei nach Art. 40 I 1 EGBGB auch deutsches Recht anzuwenden, weil zumindest ein Handlungsort in Deutschland liege. Englisches Recht sei nicht aufgrund Ziff. 20 Nr. 1 der "Handelsvereinbarung für Privatkunden" gemäß Art. 27 I EGBGB eröffnet, weil dem Art. 29 I Nr. 1 EGBGB entgegenstehe. Denn die Handelsvereinbarung würde dazu führen, dass dem Kläger als Verbraucher der durch die zwingenden Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte Schutz des § 3 AGBGB a.F. entzogen würde. Die Vereinbarung englischen Rechts sei für den Kläger eine überraschende Klausel, weil das englische Recht dem Anleger zumindest zum damaligen Zeitpunkt einen wesentlich geringeren Schutz geboten habe, als das deutsche Recht. Der Anwendung des Art. 29 I Nr. 1 EGBGB stehe auch nicht dessen Abs. 4 Nr. 2 entgegen, weil die Beklagte nicht ausschließlich im Ausland des Klägers habe tätig werden müssen.

Der Anspruch des Klägers ergebe sich wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung oder der Beteiligung an einer solchen der H. Finanzvermittlung gemäß § 826 BGB i.V.m. § 831 BGB bzw. § 830 II BGB. Sowohl der Vermittler als auch der Anbieter von Terminoptionsgeschäften seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung verpflichtet, vor Vertragsschluss ungefragt über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von derartigen Geschäften, über den Umfang des ihnen aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung ihrer Gewinnchance schriftlich aufzuklären. Derjenige, der Termingeschäfte ohne gehörige Aufklärung veranlasse oder solche Geschäftsabschlüsse vorsätzlich zulasse, hafte aus § 826 BGB. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger über die Risiken des Optionsgeschäftes aufzuklären. Entsprechend dem "Introducing Broker Agreement" habe die H. Finanzvermittlung den Kläger zum Abschluss von Optionsgeschäften bewegt und sei zwischen dem Kläger und der Beklagten in Bezug auf die betreffenden Geschäfte die "Handelsvereinbarung für Privatkunden" geschlossen worden. Nach Ziff. 2.1 habe dazu auch die Beratung des Klägers gehört. Dem stehe nicht die Rechtsprechung des BGH zur Verpflichtung nur des kundennäheren Unternehmens entgegen, weil die H. Finanzvermittlung nicht als Vermögensverwalterin für den Kläger tätig geworden sei. Eine hinreichende Aufklärung in schriftlicher Form sei nicht erfolgt. Die Broschüren "Handelbare Optionen an den internationalen Börsen" und "Wichtige Informationen über die Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" genügten zur Aufklärung nicht. Die H. Finanzvermittlung sei, soweit sie für die hinreichende Aufklärung der Kunden zu sorgen gehabt habe, als Verrichtungsgehilfin der Beklagten anzusehen, weil sie im Hinblick auf die Durchführung der Optionsgeschäfte in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu dieser gestanden habe. Denn das "Introducing Broker Agreement" habe der Beklagten die Möglichkeit gegeben, dass Handeln der H. Finanzvermittlung im Wirkungskreis der Beklagten jederzeit faktisch zu beschränken oder zu untersagen. Die Beklagte sei nicht dadurch exkulpiert, dass sie die Zulassung der H. Finanzvermittlung nach dem KWG und die Prüfungsberichte der Finanzaufsichtsbehörde kontrolliert habe. Vielmehr habe sie prüfen müssen, ob die H. Finanzvermittlung die Kunden gehörig informiere und aufkläre. Dies gelte erst recht, weil der Beklagten kla...

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