Leitsatz (amtlich)
1. Erklärt der Betreuer eines Heimbewohners, für dessen Verbindlichkeiten einstehen zu wollen, ergeben die Umstände regelmäßig ein Handeln für den Betreuten.
2. Bei seiner Tätigkeit für den Betreuten nimmt der Betreuer i.S.d. § 1902 BGB regelmäßig nicht besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch (Anschluss an BGH NJW 1995, 1213).
Normenkette
BGB §§ 611, 675, 164, 311, 241
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 18.04.2008; Aktenzeichen 10 O 50/07) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.4.2008 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichterin - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Gegenseite leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.
Gründe
A. Die beklagten Eheleute wurden durch gerichtlichen Beschluss vom 10.12.2003 (14 XVII 307/2003 AG Dinslaken) zur Betreuerin (Erstbeklagte) bzw. zum Ersatzbetreuer (Zweitbeklagter) ihres am 4.11.1924 geborenen und am 15.4.2005 verstorbenen Vaters bzw. Schwiegervaters (künftig: Betreuter) bestellt. Auf der Grundlage des Heimvertrags vom 5.11.2003, den die Beklagten namens des Betreuten mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgeschlossen hatten, bewohnte der nach einem am 23.9.2003 erlittenen Verkehrsunfall pflegebedürftig gewordene Betreute das jetzt von der Klägerin betriebene Seniorenwohnheim St. in V.. Zugleich unterzeichnete die Erstbeklagte namens des Betreuten eine "Abtretungserklärung", nach der "Forderungen gegen ... Versicherungsgesellschaften ..., deren Höhe den geltend gemachten Schonbetrag nach den Bestimmungen des BSHG übersteigt ..., mit sofortiger Wirkung und unwiderruflich bis zur Höhe des in § 4 des Heimvertrags vereinbarten und geschuldeten Heimentgelts ... zur Deckung der Heimkosten" abgetreten werden.
In der Zeit von November 2003 bis zum Tod des Betreuten entstanden Heimkosten i.H.v. 44.585,06 EUR entstanden, die i.H.v. 18.206,79 EUR von der Pflegekasse übernommen wurden. Der wegen der ungedeckten Heimkosten am 28.10.2003 gestellte Antrag auf Gewährung von Hilfe in Einrichtungen (§§ 68 ff., 100 BSHG) wurde durch Bescheid vom 18.8.2004 mit der Begründung abgelehnt, der Betreute sei wegen erheblicher Schadensersatzansprüche ggü. dem Unfallverursacher nicht hilfsbedürftig. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde mit Bescheid vom 1.9.2005 zurückgewiesen, weil ein allfälliger Hilfeanspruch nach dem Tod des Betreuten kraft Gesetzes gem. § 28 Abs. 2 BSHG auf die Klägerin als Erbringerin der Leistungen, derentwegen Sozialhilfe beantragt worden sei, übergegangen sei.
Namens des Betreuten, an den wegen der erlittenen Unfallverletzungen bereits am 20.2.2004 abschlagsweise ein Schmerzensgeld von 4.500 EUR gezahlt worden war, beantragte die Erstbeklagte die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Abfindungsvergleichs mit dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners (künftig: Haftpflichtversicherer). Nach vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung am 18.5.2004 zahlte der Haftpflichtversicherer das Guthaben aus dem Abfindungsvergleich (15.000 EUR), mit dem sich der Betreute wegen aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall, soweit sie nicht auf Dritte übergegangen sind, als abgefunden erklärte, am 1.6.2004 auf das Konto der Rechtsanwälte des Betreuten. Von dort floss es am 17.6.2004 auf das von der Erstbeklagten bei der V. verwaltete Konto des Betreuten.
Im Februar 2005 veranlassten die Beklagten eine einmalige Zahlung von 3.000 EUR an die Klägerin und in den Monaten Februar bis April 2005 weitere monatliche Ratenzahlungen i.H.v. jeweils 500 EUR. Diese Leistungen, die nach Kündigung des Heimvertrags und nach einem Besuch der Inhaberin R. des mit der außergerichtlichen Forderungseintreibung beauftragten Inkassobüros am 4.2.2005 erbracht wurden, verrechnete die Klägerin in erster Linie auf die geschuldeten Entgelte der Monate Februar bis April 2005. Weitere Leistungen erhielt sie nicht, so dass Heimkosten von 24.438,72 EUR (44.585,06 EUR - 18.206,79 EUR -3.000 EUR - 1.500 EUR) ungedeckt blieben. Der Nachlass des Betreuten, der kein Testament hinterlassen hat, ist überschuldet; alle seine für die gesetzliche Erbfolge in Betracht kommenden Angehörigen haben die Erbschaft ausgeschlagen. Der von der Klägerin bei der Sozialhilfebehörde gestellte Antrag, den auf sie übergegangenen Sozialhilfeanspruch des verstorbenen Betreuten auszuzahlen, wurde bestandskräftig abgelehnt; der Betreute sei mit Blick auf die Abfindung von 15.000 EUR, die zur Deckung der Heimkosten bevorzugt habe eingesetzt werden müssen, nicht hilfsbedürftig gewesen.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen der ungedeckten Heimkosten in Anspruch. Sie hat behauptet, die Beklagten hätten anlässlich eines am 9.3.2005 geführten Gesprächs die persönliche Haftung für diese Verbindlichkeit übernommen. Hilfsweise hat sie die Beklagten wegen deliktischen Verhaltens in Anspruch ge...