Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 2 O 58/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.07.2021 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet.
Gründe
A. Die Klägerin, ein Tochterunternehmen der A. International S.A., betreibt in einer von der Beklagten, einer Immobilieninvestmentgesellschaft, gepachteten Liegenschaft ein Hotel.
Die Parteien streiten darum, ob und inwieweit der Pachtzahlungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin für die Monate November 2020 bis Februar 2021 infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie gegenüber dem vertraglich vereinbarten Anspruch herabgesetzt ist. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagten für den in Rede stehenden Zeitraum lediglich 50 % der vereinbarten Bruttopacht zustünden. Sie beruft sich darauf, dass sie das von ihr betriebene Hotel wegen des pandemiebedingten Nachfragerückganges notgedrungen geschlossen habe; die Pandemie habe zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt.
Wegen des weiteren streitigen und unstreitigen Sachverhalts und der Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Feststellungsklage im Wesentlichen für begründet erachtet. Zwar sei die Pacht nicht nach §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 1 BGB gemindert, da die Pachtsache nicht mangelhaft gewesen sei. Die Klägerin habe jedoch gemäß § 313 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage. Hierdurch sei die vereinbarte monatliche Pacht in dem fraglichen Zeitraum - außer im Hinblick auf die verbrauchsabhängigen Betriebskosten - um die Hälfte reduziert. Eine Störung der Geschäftsgrundlage liege vor. Es sei nämlich ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Parteien bei Abschluss des Pachtvertrages vorausgesetzt hätten, dass es nicht zu einer globalen Pandemie mit einer weitreichenden Stilllegung bzw. Beschränkung des öffentlichen und privaten Lebens, mit Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und mit Betriebsuntersagungen oder -beschränkungen komme. Die Unmöglichkeit, in ganz erheblichem Maß nicht mehr "wie bisher" leben und wirtschaften zu können, stelle eine Änderung der objektiven Vertragsgrundlage dar. Betroffen sei die sogenannte große Geschäftsgrundlage, weil die Änderung aus den allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen herrühre. Der Hotelbetrieb der Klägerin sei unmittelbar von der Pandemie betroffen gewesen und nicht etwa nur mittelbar als Folge einer wirtschaftlichen Krise oder von geändertem Konsum- oder Wirtschaftsverhalten. Dies gelte unabhängig davon, inwieweit genau das Hotel auf Geschäftsreisende ausgerichtet gewesen sei. Für private Aufenthalte folge dies aus dem Beherbergungsverbot in Nordrhein-Westfalen. Für die Beherbergung von Geschäftsreisenden sei eine unmittelbare Betroffenheit gegeben gewesen, weil die für Geschäftsreisen geltenden Beschränkungen am besten dadurch zu verwirklichen gewesen seien, dass diese gänzlich unterblieben, wann immer möglich. Der Entschluss vieler Unternehmen, deutlich weniger Geschäftsreisen durchzuführen, sei daher zum Schutz der reisenden Mitarbeiter vor Ansteckung getroffen worden. Dies sei keine mittelbare Folge der Krise, sondern unmittelbar auf das Infektionsgeschehen zurückzuführen. Die Änderung der Umstände sei auch schwerwiegend gewesen. Die Beherbergung von Geschäftsreisenden sei nämlich weitgehend zum Erliegen gekommen; demnach komme es nicht darauf an, wie hoch genau der Anteil der Geschäftsreisenden an den Übernachtungsgästen vor der Pandemie gewesen sei. Es sei unwahrscheinlich, wenn nicht gar ausgeschlossen, dass es der Beklagten gelungen wäre, das Objekt in den streitbefangenen Monaten neu zu verpachten, falls es nicht von der Klägerin genutzt worden wäre; auch dies zeige, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die Pandemie gewesen sei. Seien demnach die Voraussetzungen des § 313 BGB erfüllt, so komme es auf den von den Parteien geführten Streit, ob Art. 240 § 7 EGBGB ebenfalls einschlägig sei, nicht an. Eine unveränderte Vertragsdurchführung sei der Klägerin auch nicht zumutbar. Ein Unternehmer müsse zwar stets mit schwankendem Umsatz rechnen, nicht jedoch damit, dass dies auf Faktoren beruhe, die vollständig unabhängig von seiner Person seien und von niemandem beeinflusst werden könnten, wie es bei der Pandemie der Fall sei. Zwar trage der Pächter grundsätzlich das Verwendungsrisiko für die Pachtsache; dies gelte aber nur für "normale" Verwendungsrisiken, nicht aber für solche, die das Maß der üblichen Vertragssorgfalt und Vorstellungskraft bei weitem überstiegen wie d...