Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 19.04.1989; Aktenzeichen 2 O 189/84) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. April 1989 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im Zinsausspruch teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.741,08 DM nebst 3.460,23 DM Zinsen für die Zeit vom 29.06.84 bis 03.10.88 sowie 4 % Zinsen von 8.741,08 DM seit dem 04.10.88 zu zahlen. Der weitergehende Zinsanspruch wird abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Parteien liegt unter 40.000 DM.
Gründe
Die zulässige Berufung hat wenig Erfolg.
Die Beklagte hat durch die Bediensteten ihrer örtlichen Fürsorgestelle schuldhaft Amtspflichten verletzt, die ihr gegenüber der Klägerin oblagen, und ist deshalb der Klägerin gemäß § 839 BGB, Artikel 34 GG schadenersatzpflichtig.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Schwerbehinderten bedurfte und bedarf der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle (Landschaftsverband). Das ergab sich für die damalige Rechtslage aus § 12 SchwbG, Fassung vom 29.04.1974 (BGBl. I, 1005). Diese Zustimmung ist ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt, der vor der zivilrechtlichen Kündigung vorliegen muß, um sie wirksam zu machen. Sie ist Zulässigkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Für die grundsätzlich verbotene Kündigung schafft die Erlaubnis eine Voraussetzung der Wirksamkeit (Wilrodt-Namer, SchwbG, 7. Aufl., § 15 Rdn. 77). Der Arbeitgeber hatte diese Zustimmung bei der Hauptfürsorgestelle zu beantragen, die Hauptfürsorgestelle hatte eine Stellungnahme des zuständigen Arbeitsamtes des Betriebsrats und Personalrats und des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten einzuholen sowie den Schwerbehinderten zu hören (Abs. 2), ferner hatte sie in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken (Abs. 3). Nach § 15 Abs. 1 soll die Hauptfürsorgestelle die Entscheidung, falls erforderlich aufgrund mündlicher Verhandlung, innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrags treffen. Aufgrund der Ermächtigung aus § 34 des Gesetzes sind im Lande Nordrhein-Westfalen durch Verordnung zur Übertragung von Aufgaben und Befugnissen nach dem Schwerbehindertengesetz vom 16.06.1975 (GVNW 1975, S. 478) die Feststellung des Sachverhaltes und die nach § 14 Abs. 2 vorgeschriebenen Rechtshandlungen sowie die Hinwirkung auf eine gütliche Einigung nach § 14 Abs. 3 auf die kreisfreien Städte als örtliche Fürsorgestellen übertragen worden (§ 1 Abs. 1), die Landschaftsverbände als Hauptfürsorgestellen haben nach Absatz 2 auf eine landeseinheitliche und wirksame Durchführung der nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben, soweit diese den örtlichen Fürsorgestellen übertragen ist, hinzuwirken. Daraus ergibt sich, daß die örtlichen Fürsorgestellen die ihnen übertragenen Aufgaben in eigener Kompetenz wahrnehmen, ohne daß die Hauptfürsorgestelle sich in die Durchführung der Einzelangelegenheit einschalten kann. Für die örtliche Fürsorgestelle ergibt sich damit unmittelbar die Verpflichtung aus § 15 Abs. 1, das Verfahren so zügig durchzuführen, daß die Hauptfürsorgestelle in die Lage versetzt wird, die abschließende Entscheidung innerhalb der vorgesehenen Frist zu erlassen. Das ist eine Amtspflicht, die gerade gegenüber dem Arbeitgeber als Antragsteller besteht. Denn dieser erleidet augenfällig Schaden, wenn das Verfahren verzögert wird, weil er erst durch die zustimmende Entscheidung der Hauptfürsorgestelle in die Lage versetzt wird, zu kündigen (vgl. OLG Köln, VersR 89,748). Es ist deshalb anerkannt, daß eine nicht gerechtfertigte Verzögerung des Verfahrens zu Schadenersatzansprüchen gemäß § 839 BGB, Artikel 34 GG führen kann (Wilrodt-Namer a.a.O. § 18 Rdn. 3 n.N.; Jung-Cramer, SchwbG, 2. Aufl., § 15 Rdn. 3).
Eine solche sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung ist hier festzustellen. Der am 19.09.83 beim Landschaftsverband eingegangene Antrag der Klägerin auf Zustimmung zur Kündigung ist durch Bescheid vom 25.11.83, zugestellt am 30.11.83 beschieden worden, also weit mehr als zwei Monate nach Antragstellung. Der Landschaftsverband hat das Verfahren nicht verzögert. Am 20.09. hat er den Antrag an die Beklagte weitergegeben, wo er am 22.09. einging. Aufgrund des Berichts des Beklagten vom 17.11., eingegangen am 22.11., hat er den Bescheid vom 25.11. erstellt und am 29.11. hinausgegeben. Demgegenüber ist das Verfahren der Beklagten zu beanstanden. Schon der Termin der Kündigungsverhandlung vom 13.10. war gefährlich nahe an das Ende der Monatsfrist gesetzt. Nachdem in diesem Termin eine eingehende Erörterung der anderweitigen Arbeitsmöglichkeit stattgefunden hatte und nur noch die Frage offenstand, ob die Parteien sich gütlich einigen wollten, wozu dem Arbeitnehmer V. eine Frist zur Erklärung seines Anwalts bis zum 17.10. gesetzt worden war, bot dessen Schreiben vom 19.10., eingegangen am 21.10., keinen rechtfertigenden Anl...