Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer durch eine Rechtsanwaltskanzlei verfassten vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung können bereits die äußeren Umstände dafürsprechen, dass die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB vorformuliert sind.
2. Akzeptiert der Gläubiger einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung zahlreiche Streichungen des Schuldners von außerhalb der vertragsstrafebewehrten Unterlassungsverpflichtung liegender Klauseln, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass er auch die Vertragsstrafeklausel ernsthaft zur Disposition gestellt hat und diese damit als ausgehandelt im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB anzusehen ist.
3. Eine als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufende Vertragsstrafeklausel, die einen uneingeschränkten Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs vorsieht, benachteiligt den Schuldner in der Regel unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB.
Normenkette
BGB §§ 305, 307, 823 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4b O 37/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Juli 2022 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Az. 4b O 37/21) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. August 2022 wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) werden der Klägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 380.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, die sich darauf beruft, in Folge eines Rechtsformwechsels aus der A hervorgegangen zu sein, macht Ansprüche auf Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung geltend. Diese war von der Beklagten abgegeben worden, nachdem die A sie unter Inanspruchnahme des deutschen Teils des EP 2 324 XXA - betreffend ein Scharnier für Kühlräume, Drehtore oder dergleichen - und des EP 2 426 XXB - betreffend ein Türschließdrehgelenk für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür - wegen des Anbietens eines Türschließscharniers abgemahnt hatte.
Anspruch 1 des EP 2 324 XXA lautet in seiner deutschen Übersetzung wie folgt:
Scharnier für Kühlräume, Drehtore oder dergleichen, welches eine stationäre Stützkonstruktion (S) und mindestens eine Tür (A), die zwischen einer offenen Position und einer geschlossenen Position bewegbar ist, umfasst, wobei das Scharnier umfasst:
- einen kastenartigen Scharnierkörper (3), der an einer aus der Gruppe umfassend die stationäre Stützkonstruktion (S) und die Tür (A) verankerbar ist, und einen Stift (5), der eine erste Längsachse (X) definiert und an der anderen aus der Gruppe umfassend die stationäre Stützkonstruktion (S) und die Tür (A) verankerbar ist, wobei der Stift (5) und der kastenartige Scharnierkörper (3) miteinander drehbar gekoppelt sind, derart, dass sie sich um die erste Achse (X) zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition drehen lassen;
- Schließmittel (10) für die automatische Rückführung der Tür (A) aus der offenen in die geschlossene Position;
- ein Arbeitsfluid, das auf die Schließmittel (10) einwirkt, um der Wirkung derselben hydraulisch entgegenzuwirken und dadurch die Türrotation (A) aus der offenen Position in die geschlossene Position zu regulieren;
wobei die Schließmittel (10) ein Nockenelement (11) umfassen, das mit dem Stift (5) einstückig ausgebildet ist und mit einem Kolbenelement (12) zusammenwirkt, das in einer Arbeitskammer (25) innerhalb des kastenartigen Scharnierkörpers (3) entlang einer zweiten Achse (Y), die im Wesentlichen orthogonal zu der ersten Achse (X) verläuft, zwischen einer eingeschobenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, verschiebbar beweglich ist, wobei das Kolbenelement (12) einen Schiebekopf (13) aufweist, der mit einem im Wesentlichen gegengeformten Sitz (14) des Nockenelements (11) zusammenwirkt;
wobei die Schließmittel (10) und das Arbeitsfluid beide zur Gänze in der Arbeitskammer (25) untergebracht sind;
dadurch gekennzeichnet, dass der kastenartige Scharnierkörper (3) eine längliche Gestalt aufweist, um die zweite Achse (Y) zu definieren, wobei der Schiebekopf (13) eine im Allgemeinen plattenartige Gestalt aufweist, um eine Ebene (n) zu definieren, die im Allgemeinen in einem rechten Winkel zu der ersten Achse (X) verläuft.
Anspruch 1 des EP 2 426 XXB lautet in seiner deutschen Übersetzung wie folgt:
Türschließdrehgelenk für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür, die durch eine ortsfeste Stützstruktur stützbar ist, wobei die Tür zwischen einer offenen und einer geschlossenen Positi...