Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast bei möglicherweise vorgetäuschtem Transporter-Diebstahl im Versicherungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Der Diebstahl eines fabrikneuen Transporters vom Grundstück eines großen Kraftfahrzeugvertragshändlers ist nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht, wenn
– die Angaben zum Tatzeitraum in der Anzeige bei der Polizei und in der erst mehr als einen Monat später erstellten Schadensanzeige bei dem Versicherer differieren,
– ein Originalschlüssel sowie ein aus einem Originalrohling nachgefertigter Schlüssel vorgelegt worden sind und von letzterem nicht feststeht, dass er nicht zu den bei der Anlieferung des Fahrzeugs ausgehändigten Schlüsseln gehört,
– der Versicherungsnehmerin zwar in eineinhalb Jahren fünf Gebrauchtwagen gestohlen worden sind, bei denen die Schlüssel in einer verschlossenen Box am Fahrzeug angebracht waren, und danach noch zwei weitere Fahrzeuge, diese Diebstahlshäufung aber durch einen jährlichen Umsatz von circa 1.000 Wagen relativiert wird und von dem Versicherer auch nicht zum Anlass genommen worden ist, den Versicherungsvertrag zu kündigen.
Normenkette
AKB § 12 Nr. 1 Abs. 1b
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 14/99) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.7.2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34.720,94 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 7.11.1998 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung hat Erfolg.
Der Versicherungsfall – die Entwendung des bei der Klägerin zum Verkauf stehenden fabrikneuen Ford-Transit – ist bewiesen. Deshalb hat der Beklagte die der Höhe nach nicht bestrittenen Entschädigungsleistungen aus der Kraftfahrzeugversicherung zu erbringen.
1. Das äußere Bild der Entwendung ist von den vom LG vernommenen Zeugen glaubhaft bestätigt worden. Davon geht auch das LG aus. Dieser erleichterte Beweis genügt hier zum Nachweis der Entwendung des Fahrzeugs. Der Zeuge S. – seinerzeit Verkaufsleiter der Klägerin – hat bestätigt (GA 112 ff.), er habe eines Morgens bemerkt, dass der Platz, an dem das in Rede stehende Hochdach-Fahrzeug abgestellt gewesen sei, leer gewesen sei. Ihm würde es aufgefallen sein, wenn der Wagen dort schon am Vorabend nicht mehr gestanden haben würde. An genaue Daten konnte der Zeuge sich nicht erinnern, immerhin wusste er genau, noch am selben Tag veranlasst zu haben, dass der Zeuge B. Diebstahlsanzeige bei der Polizei erstattete. Diese Aussage wird bestätigt durch die Angaben des Zeugen K. (GA 111), der seinerzeit als Kraftfahrzeugmeister bei der Klägerin angestellt war. Auch nach dessen Bekundung war das Fahrzeug von einem Tag auf den anderen verschwunden; bis zur Anzeigenerstattung bei der Polizei könne keine längere Zeit verstrichen sein. Auch die Aussage der Zeugin V. – seinerzeit Disponentin – passt ins Bild (GA 144), ebenso die Angaben des Zeugen B (GA 146). Dass die Zeugen keine Daten nennen konnten und auch Unstimmigkeiten bezüglich der Uhrzeit aufgetreten sind, zu der das Fahrzeug zuletzt gesehen und dessen Verschwinden dann bemerkt worden sei, ist mit einer verständlichen Ungenauigkeit der Erinnerung nach geraumer Zeit plausibel zu erklären. Die Zeugen berichten jedenfalls unzweifelhaft von ein und demselben Kerngeschehen, das den vorbezeichneten Ford-Transit betrifft.
2. Entgegen der Auffassung des LG muss die Klägerin nicht den Vollbeweis der Entwendung erbringen. Das wäre nur dann nötig, wenn eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine bloße Vortäuschung spräche. Dies ist indes nicht der Fall:
a) Richtig ist zwar, dass die Klägerin in ihrer Schadenanzeige vom 25.9.1997 (GA 33) und dann auch in der Folgezeit angegeben hat, der Diebstahl habe sich in der Zeit vom 19.8. abends bis zum 20.8. morgens ereignet. In der von der Polizei unter dem Datum 22.8.1997 aufgenommenen Strafanzeige hingegen ist der Tatzeitraum eingegrenzt mit 20.8.1997, 12.00 Uhr, bis 22.8.1997, 8.30 Uhr (vgl. BA 13 UJs 7676/97 StA Aachen, Bl. 2). In diesem Widerspruch sieht der Senat jedoch kein auf eine Vortäuschung hindeutendes Indiz. Es fällt nämlich auf, dass die schriftliche Schadenanzeige, die zunächst an die Ford-Bank gerichtet wurde, erst über einen Monat nach der Entwendung erstellt worden ist. Die an den Beklagten gerichtete Schadenanzeige datiert erst vom 20.10.1997 (GA 34) und trägt den Vermerk: „Verspätete Meldung, da Unterlagen versehentlich in der Buchhaltung abgeheftet”. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung mag es zu einer unrichtigen Angabe des Tatzeitraums gekommen sein. Bei der Klägerin, einem großen Autohaus, können nahe liegend derartige Meldungen zur geschäftsmäßigen Routine gehören, bei denen sich mangels persönlichen Betroffen-Seins des Ausfüllenden Fehler einschleichen können.
b) Auch aus dem Schlüssel-...