Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatinsolvenz und Ehegattenunterhalt; Verzicht auf Unterhaltsansprüche für die Dauer der Laufzeit des Insolvenzplanes
Leitsatz (amtlich)
Eine entsprechende Regelung im rechtskräftig gerichtlich bestätigten Insolvenzplan ist als Verzicht des unterhaltsberechtigten Gläubigers auf laufende Unterhaltsansprüche ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu bewerten, auch wenn der Unterhaltsgläubiger dem Plan in der Gläubigerversammlung widersprochen und das Insolvenzgericht daraufhin seine Zustimmung fingiert hat.
Normenkette
InsO §§ 40, 89 Abs. 2, §§ 211, 254, 100-101, 220-221; BGB § 1581
Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Urteil vom 15.08.2007) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG Mülheim an der Ruhr vom 15.8.2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:
Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils des AG Mül-heim an der Ruhr vom 14.6.2006 für die Zeit vom 1.2.2008 bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Wirkung des Insolvenzplanes des Insolvenzverwalters L. vom 14.5.2008 gem. Beschluss des AG Duisburg vom 31.7.2008 (63 IN 25/08) - spätestens zum 31.1.2014 - abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin ¼, der Beklagte ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am 13.11.1948 geborene Beklagte und die am 3.11.1949 geborene Klägerin haben am 18.8.1972 geheiratet. Seit 1997 sind die Parteien geschieden. Aus der Ehe sind 2 Kinder hervorgegangen (12/1979; 5/1984).
Bis Oktober 2003 hat der Beklagte monatlich freiwillig 1.000 EUR Ehegattenunterhalt gezahlt; zudem erhielt die Klägerin bis November 2003 vom Büro des Beklagten ein Gehalt von 557 EUR.
Die Klägerin betreibt seit März 2002 einen selbständigen Heißmangelbetrieb.
Der Beklagte ist wieder verheiratet und hat aus der neuen Ehe 2 weitere Kinder (1995/1996); seine jetzige Ehefrau verfügt über eigene bedarfsdeckende Einkünfte. Er war bis zum 12./13.11.2007 Mitglied einer Steuerberatersozietät, die wirtschaftlich zum 31.12.2007 beendet wurde. Seine Steuerberatertätigkeit führt er seither in einer Einzelpraxis weiter. Über das Vermögen des Beklagten wurde am 1.2.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Duisburg, 63 IN 25/08). Die Berufung ist danach ausdrücklich auf den Zeitraum ab 1.2.2008 beschränkt worden.
Nach einem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 3.4.2008 sollte der Beklagte zunächst gem. §§ 100, 101 InsO Unterhalt in analoger Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO erhalten. Der Insolvenzverwalter hat in seinem Insolvenzplan vom 14.5.2008 (dort S. 10) im darstellenden Teil (§ 220 InsO) zum Thema "Unterhalt" ausgeführt, dass dem Beklagten unter Berücksichtigung der zwei Unterhaltsverpflichtungen ggü. den minderjährigen Kindern und in Einbeziehung des Einkommens seiner jetzigen Ehefrau in den "Familienunterhalt" ein Monatsbetrag von 889 EUR aus der Insolvenzmasse zustehe; zudem enthält der Insolvenzplan zum gestaltenden Teil (§ 221 InsO) betr. das vorliegende Unterhaltsverfahren den Vorschlag, dass die Klägerin für die Laufzeit des Insolvenzplanes (Februar 2008 - Januar 2014) auf ihren Unterhaltsanspruch verzichte (dort S. 17 f.). Durch die Gläubigerversammlung vom 31.7.2008, in der auch die Klägerin hinsichtlich der bis Januar 2008 titulierten Unterhaltsbeträge (18.316,75 EUR) durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war, wurde der Insolvenzplan mit Mehrheit angenommen; dabei erklärte die Klägerin, dass sie für die Laufzeit des Insolvenzplans nicht zu einem Unterhaltsverzicht, sondern lediglich zu einem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen bereit sei, und stimmte gegen den Insolvenzplan, woraufhin das Insolvenzgericht die Zustimmung der Klägerin gem. § 245 InsO fingiert hat. Durch - mittlerweile rechtskräftigen - Beschluss vom 31.7.2008 hat das AG Duisburg den Insolvenzplan vom 14.5.2008 bestätigt.
Der Beklagte ist in erster Instanz zur Zahlung eines Unterhaltsrückstandes von 14.500 EUR für die Zeit von November 2003 bis März 2006 und eines monatlichen laufenden Nachscheidungsunterhalts von 500 EUR ab April 2006 verurteilt worden. Mit seiner - für die Zeit ab 1.2.2008 verbleibenden - Berufung rügt der Beklagte seine fehlende Leistungsfähigkeit und verweist auf §§ 221, 254 InsO, wonach die rechtskräftige Bestätigung des Insolvenzplanes als Unterhaltsverzicht der Klägerin zu bewerten sei.
Der Beklagte beantragt, die Klage für die Zeit ab 1.2.2008 in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils vom 15.8.2007 unter entsprechender Aufhebung des Versäumnisurteils vom 14.6.2006 abzuweisen, hilfsweise den Unterhaltsanspruch der Klägerin zu befristen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat im erkannten Umfang Erfolg.
Der Durchführung des Berufungsverfahrens steht § 240 ZPO nicht entgegen. Infolge der Beschränkung der Berufung auf den Zeitraum ab dem 1.2.2008 i...