Leitsatz
Das OLG Düsseldorf hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst, welche Auswirkungen der in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan geregelte Unterhaltsverzicht hinsichtlich laufender und künftiger Unterhaltsforderungen hat.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1972 geheiratet und waren seit 1997 geschieden. Aus ihrer Ehe waren zwei volljährige Kinder hervorgegangen. Bis Oktober 2003 hatte der Beklagte monatlich freiwillig 1.000,00 EUR Ehegattenunterhalt gezahlt. Außerdem erhielt die Klägerin bis November 2003 von dem Büro des Beklagten ein Gehalt von 557,00 EUR. Seit März 2002 betrieb sie einen selbständigen Heißmangelbetrieb.
Der Beklagte war wieder verheiratet und hatte aus der neuen Ehe zwei in den Jahren 1995 und 1996 geborene Kinder. Seine zweite Ehefrau verfügte über eigene bedarfsdeckende Einkünfte.
Bis ca. Mitte November 2007 war der Beklagte Mitglied einer Steuerberatersozietät, die wirtschaftlich zum 31.12.2007 beendet wurde. Seine Steuerberatertätigkeit führte er seither in einer Einzelpraxis weiter. Über sein Vermögen wurde am 1.2.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach einem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 3.4.2008 sollte der Beklagte zunächst gemäß §§ 100, 101 InsO Unterhalt in analoger Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO erhalten. Der Insolvenzverwalter hatte in seinem Insolvenzplan vom 14.5.2008 im darstellenden Teil (§ 220 InsO) zum Thema "Unterhalt" ausgeführt, dass dem Beklagten unter Berücksichtigung der zwei Unterhaltsverpflichtungen ggü. den minderjährigen Kindern und in Einbeziehung des Einkommens seiner jetzigen Ehefrau in den "Familienunterhalt" ein Monatsbetrag von 889,00 EUR aus der Insolvenzmasse zustehe. Zudem enthielt der Insolvenzplan zum gestaltenden Teil (§ 221 InsO) hinsichtlich des vorliegenden Unterhaltsverfahrens den Vorschlag, dass die Klägerin für die Laufzeit des Insolvenzplanes (Februar 2008 bis Januar 2014) auf ihren Unterhaltsanspruch verzichte. Durch die Gläubigerversammlung vom 31.7.2008, in der auch die Klägerin hinsichtlich der bis Januar 2008 titulierten Unterhaltsbeträge (18.316,75 EUR) durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war, wurde der Insolvenzplan mit Mehrheit angenommen. Dabei erklärte die Klägerin, dass sie für die Laufzeit des Insolvenzplanes nicht zu einem Unterhaltsverzicht, sondern lediglich zu einem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen bereit sei und stimmte gegen den Insolvenzplan. Daraufhin fingierte das Insolvenzgericht die Zustimmung der Klägerin gemäß § 245 InsO. Durch Beschluss vom 31.7.2008 hat das AG den Insolvenzplan vom 14.5.2008 bestätigt.
Der Beklagte wurde erstinstanzlich zur Zahlung eines Unterhaltsrückstandes von 14.500,00 EUR für die Zeit von November 2003 bis März 2006 und eines monatlichen laufenden nachehelichen Unterhalts von 500,00 EUR ab April 2006 verurteilt.
Mit seiner - auf den Zeitraum ab 1.2.2008 beschränkten - Berufung rügte er seine fehlende Leistungsfähigkeit und verwies auf §§ 221, 254 InsO, wonach die rechtskräftige Bestätigung des Insolvenzplanes als Unterhaltsverzicht der Klägerin zu bewerten sei.
Das Rechtsmittel der Beklagten hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Die Berufung des Beklagten führte zur Abweisung der Klage für die Zeit vom 1.2.2008 bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Wirkung des Insolvenzplanes, spätestens zum 31.01.2014.
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass § 240 ZPO der Durchführung des Berufungsverfahrens nicht entgegenstehe. Infolge der Beschränkung der Berufung auf den Zeitraum ab dem 1.2.2008 sei die Insolvenzmasse, zu der lediglich die Unterhaltsrückstände bis Ende Januar 2008 gehörten, nicht - mehr - betroffen, so dass eine Unterbrechung des - verbleibenden Berufungsverfahrens - nicht zu erfolgen habe.
Der Beklagte berufe sich zu Recht auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für die Dauer der Laufzeit des Insolvenzplanes vom 14.5.2008 (1.2.2008 bis voraussichtlich 31.1.2014). Sein notwendiger Selbstbehalt ggü. der Klägerin belaufe sich auf monatlich 1.000,00 EUR. Tatsächlich erhalte er jedoch aus der Insolvenzmasse ab Februar 2008 lediglich 900,00 EUR. Soweit der Beklagte darüber hinaus Einkünfte erziele, seien diese gemäß §§ 35, 80 Abs. 1 InsO seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entzogen. Daher könne ein Einkommen, das der Beklagte vor Insolvenzeröffnung aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt habe, für die Zeit ab dem 1.2.2008 nicht mehr als nachhaltig erzielbar bewertet und einer Unterhaltsbemessung zugrunde gelegt werden.
Es könne dahinstehen, ob der Klägerin für die Zeit ab dem 1.2.2008 ggf. ein nach Maßgabe der §§ 40, 89 Abs. 2 S. 2 InsO, 850d ZPO vollstreckbarer Unterhaltsanspruch verbleibe, da insoweit von einem wirksamen Verzicht der Klägerin auf einen Unterhaltsanspruch für die Dauer der Laufzeit des Insolvenzplanes auszugehen sei. Zwar habe die Klägerin in der Gläubigerversammlung vom 31.7.2008 der entsprechenden Regelung im gestaltenden Teil des Insolvenzplanes vom 14.5.2008 ausdrücklich widersprochen. Ihre Zustimmung sei jedoc...