Leitsatz (amtlich)
Vor einer im Jahre 1992 laparoskopisch durchgeführten Gallenoperation bedurfte es einer besonders ausführlichen Aufklärung des Patienten über ein mit dieser Technik verbundenes deutlich erhöhtes Risiko einer intraopertiven Gallengangsverletzung.
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 6 O 24/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.3.2002 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die in einer Sozietät verbundenen Beklagten wegen behaupteter anwaltlicher Pflichtverletzung auf Schadenersatz in Anspruch.
Im Juni 1992 wurden bei der am 27.11.1967 geborenen Klägerin Gallensteine diagnostiziert. Sie wurde zur Durchführung der erforderlichen Operation am 28.6.1992 im Krankenhaus N. in M. stationär aufgenommen. Eine dortige Ultraschalluntersuchung zeigte zwei bis drei Gallenblasenkonkremente. Nach einer – dem Inhalt nach zwischen den Parteien umstrittenen – Aufklärung der Klägerin über die Operationsrisiken erfolgte am 30.6.1992 durch den Oberarzt Dr. C. eine laparoskopische Gallenblasenentfernung (Cholecystektomie). Ausweislich des Operationsberichtes verlief der – wegen erheblich verdickter Gallenblasenwände erschwerte – Eingriff komplikationslos. Bei einer am 3.7.1992 durchgeführten endoskopischen Kontrastmitteluntersuchung (ERCP) zeigte sich ein Kontrastmittelübertritt aus dem Gallengang in die Bauchhöhle. Deshalb entschied man sich nach weiterer sonographischer Abklärung zur Durchführung einer Revisionsoperation, die durch den Chefarzt der chirurgischen Abteilung Dr. S. am selben Tage erfolgte. Dabei erkannte man nach der Eröffnung des Bauchraumes eine in einem erheblich entzündeten Gebiet liegende Verletzung des Gallenganges, aus der sich Gallenflüssigkeit entleerte. Unter erschwerten Umständen wurde die Leckage geschlossen und eine Drainage zum Abfluss von Gallenflüssigkeit durch die Bauchhaut gelegt (Choledochusnaht und T-Drainage). Eine am 15.7.1992 erfolgte Röntgenuntersuchung zeigte einen glatten Abfluss, so dass die Klägerin am 23.7.1992 aus der stationären Behandlung entlassen werden konnte. Wegen erneuter Schmerzen im Bereich der Bauchdecke erfolgte am 15.9.1992 eine erneute stationäre Aufnahme. Die durchgeführten Untersuchungen zeigten eine hochgradige Stenose im proximalen Drittel des Gallenganges, wodurch ein ordnungsgemäßer Gallenabfluss verhindert wurde. Die Klägerin wurde daraufhin zur weiteren Behandlung in die medizinische Klinik A der Stadt W. überwiesen. Dort legte man am 1.10.1992 eine neue Drainage (Charrier-10-Endodrainage), die dann am 12.1.1993 wieder entfernt werden konnte. Am 23./24.2.2000 wurde die Klägerin erneut stationär wegen rezidivierender kolikartiger Beschwerden durch Vornahme eines sog. Erweiterungs-EPT behandelt. Wegen im Dezember 2000 und im Januar 2001 wieder aufgetretener kolikartiger Beschwerden wurde die Klägerin erneut in der Zeit vom 29.1. bis 31.1.2001 in der Klinik der Stadt Wuppertal behandelt; dabei diagnostizierte man eine weiterhin bestehende Gallengangsverengung. Eine vorgesehene endoskopische „Strukturbeseitigung” sollte nach einer Verbesserung der festgestellten Schilddrüsenüberfunktion durchgeführt werden.
Die Klägerin warf den sie seinerzeit behandelnden Ärzten des Krankenhauses N. in M. Behandlungsfehler vor: In erster Linie machte sie geltend, bei der Erstoperation sei der Gallengang aufgrund eines fehlerhaften Vorgehens verletzt worden. Zudem habe man den Austritt von Gallenflüssigkeit nicht rechtzeitig bemerkt; dies habe zu erheblichen Entzündungen und der Bildung von Vernarbungen mit einer Verjüngung des Gallenganges geführt. Neben sich hierwegen ergebender erheblicher Beeinträchtigungen und mehrfacher operativer Eingriffe sei die Versorgung ihrer damals sechs Monate alten Tochter nicht möglich gewesen; eine geplante weitere Schwangerschaft habe verschoben werden müssen.
Wegen dieser Vorwürfe wandte sich die Klägerin im Dezember 1992 an die Beklagte zu 1), die seinerzeit als Einzelanwältin tätig war und seit – spätestens – 1993 mit dem Beklagten zu 2) in einer Sozietät verbunden ist. Vorgesehen war zunächst, dass die Beklagte zu 1) eine Begutachtung des Behandlungsgeschehens durch die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler veranlassen sollte. Ein nach Darstellung der Beklagten unter dem 3.7.1993 an die Kommission übersandtes entspr. Gesuch ging dort allerdings nicht ein; darauf wurden die Beklagten aufgrund einer von ihnen am 7.4.1994 gestellten Anfrage hingewiesen. Die Gutachterkommission nahm das Verfahren im Hinblick auf die Anfrage der Beklagten auf und begann mit der Einholung von Informationen über den Behandlungsablauf. Gleichzeitig bat sie mit einem unter dem 10.6.1994 an die Beklagten gerichteten Schreiben um die Übersendung einer von der Klägerin unterschriebenen Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht ggü....