Leitsatz (amtlich)
1. Die folgende, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel ist nach § 11 Nr. 5b) AGBG a.F. unwirksam:
„Rückständige Raten sind ab Fälligkeit – vorbehaltlich weiterer Ansprüche der Verkäuferin – mit 10 % p.a. zu verzinsen.”
2. Das AGB-Gesetz ist mit Blick auf die Klauselrichtlinie der EG richtlinienkonform auszulegen. § 24a AGBG a.F. ist deshalb bereits auf Vertragsverhältnisse anzuwenden, die vor In-Kraft-Treten dieser Vorschrift, aber nach dem 31.12.1994 abgeschlossen wurden.
3. Balkone einer Eigentumswohnung sind auch hinsichtlich der Anlegung eines ordnungsgemäßen Gefälles Gegenstand des Gemeinschaftseigentums, § 5 Abs. 2 WEG.
4. Der Annahmeverzug des Gläubigers beseitigt sein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB nicht, sondern gibt dem anderen Teil nach § 322 Abs. 3, § 274 Abs. 2 BGB nur die Befugnis, aus dem Urteil ohne Bewirkung der eigenen Leistung die Zwangsvollstreckung zu betreiben.
5. Das Zurückbehaltungsrecht aus §§ 320, 641 Abs. 3 BGB schließt einen Schuldnerverzug ebenso aus wie die Möglichkeit, mit Erfolg Prozess- oder Fälligkeitszinsen geltend zu machen.
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 05.04.2002; Aktenzeichen 1 O 262/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 5.4.2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Kleve unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.143,69 Euro auf das Konto der Klägerin bei der VR Volks- und Raiffeisenbank e.G. M., Konto-Nr. … zu zahlen, Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel an den beiden Balkonen der Wohnungen Nr. 1 und 6 im Haus der Klägerin U.-Str., 47441 M., die in dem nicht ausreichenden Gefälle der Balkonoberflächen und in dem nicht ordnungsgemäßen Einbau der Bodensenken als Abflüsse i.H.d. Fliesenbelages bestehen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz eines Mietausfallschadens für die Zeit vom 1.1.1998 bis zum 31.3.1998 hat.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 44 % und die Beklagte zu 56 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten und die ebenfalls zulässige Anschlussberufung der Klägerin haben jeweils zum Teil Erfolg. Die Beklagte schuldet der Klägerin noch die Zahlung von 9.143,69 Euro Restwerklohn, Zug um Zug gegen Beseitigung der noch bestehenden Mängel an den beiden Balkonen ihrer Wohnungen. Dabei ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch die Entscheidung des LG zu den Klageanträgen zu 1. und 2., der Ausspruch zu 3. (negative Feststellungsklage hinsichtlich der Verpflichtung der Klägerin, einen Mietausfallschaden der Beklagten zu ersetzen) ist von der Beklagten mit der Berufung nicht angefochten.
Soweit es auf die Anwendung von Vorschriften des bürgerlichen Rechts ankommt, ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht maßgeblich, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB.
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 599,59 Euro. Bei diesem Betrag handelt es sich um ausgerechnete Zinsen i.H.v. 10 % auf die jeweils 5. Rate der beiden Verträge vom 19.3.1996 und 15.4.1997 für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.3.1998. Das LG hat einen Anspruch aus § 5 der jeweiligen Verträge angenommen, allerdings – wie die Beklagte mit der Berufung zutreffend rügt – zu Unrecht.
1. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob die vertraglichen Voraussetzungen des Zinsanspruchs vorliegen. § 5 der Verträge bestimmt, dass rückständige Raten ab Fälligkeit mit 10 % p.a. zu verzinsen sind. Nach derselben Vertragsbestimmung ist Voraussetzung der Fälligkeit der 5. Rate die „Bezugsfertigkeit und Besitzübergabe”. Die Voraussetzungen, die § 13 der Verträge für die „Berechtigung” der Verkäuferin aufstellt, die Bezugsfertigkeit „zu erklären”, waren für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 1.1.1998 bis zum 31.3.1998 aber unstr. nicht erfüllt. Dazu gehört nämlich ein „Gebrauchsabnahmeschein bzw. Benutzbarkeitsbescheinigung”. Ob man aus dem tatsächlichen Einzug etwas anderes folgern, also die Bezugsfertigkeit annehmen kann, ist nicht ganz zweifelsfrei. Jedenfalls ist allerdings eine Fälligkeit der 5. Rate nicht mehr mangels Vorliegens der Fälligkeitsvoraussetzungen des § 5 der Verträge ab dem Zeitpunkt verneinen, in dem das Gesamtbauwerk abgenommen wurde. Die Abnahme fand unstr. am 23.3.1998 statt, so dass jedenfalls für die Tage vom 23.3. bis 30.3.1998 ein Zinsanspruch in Betracht käme.
2. Weitere Einzelheiten hierzu können aber offen bleiben, weil die fragliche Vertragsklausel nach § 11 Nr. 5b) AGBG unwirksam ist, wie die Berufungsbegründung zu Recht geltend macht. Die Klausel lautet nämlich:
„Rückständige Raten sind ab Fälligkeit – vorbehaltlich weiterer Ansprüche der Verkäuferin – mit 10 % p.a. zu verzinsen.”
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt dies...