Leitsatz (amtlich)

Ein vom Hersteller eines Arzneimittels zur Förderung der Gehirnleistung in unregelmäßigen Abständen herausgegebenes und kostenlos an Apotheker zur Weitergabe an ihre Kunden verteiltes Heft mit Übungen zur Förderung der Gehirnleistung kann als zulässige Werbe- und Verkaufshilfe und nicht als unzulässige Werbegabe an die Apotheker anzusehen sein, ungeachtet der Existenz einer monatlich in einem Verlag erscheinenden entgeltlich an Apotheker vertriebenen und von ihren unentgeltlich an ihre Kunden abgegebenen Zeitschrift mit Kurzzeit-Gedächtnis- und Konzentrationsübungen neben einigen Artikeln zu Sachthemen. Das Aufkommen der Werbung des Arzneimittelherstellers stellt auch keine gezielte Behinderung des Zeitschriftenverlags und keine verbotene Marktstörung und allgemeine Marktbehinderung dar.

 

Normenkette

UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, §§ 3, 4 Nrn. 1, 10-11, § 8 Abs. 1, §§ 9, 12 Abs. 1 S. 2; HWG §§ 7, 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Entscheidung vom 05.10.2007)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. Oktober 2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

Der klagende Verlag verlegt monatlich erscheinende Zeitschriften, die Apotheker gegen Entgelt im Abonnement beziehen können, um sie dann in der Apotheke unentgeltlich als Kundenzeitschrift an ihre Kunden weiterzugeben. Dazu gehört die Zeitschrift "K." mit einer Gestaltung, wie sie aus dem Heft in Anlage TW 2 hervorgeht. Die Zeitschrift enthält neben einigen Artikeln zu Sachthemen im wesentlichen Kurzzeit-Gedächtnis- und Konzentrationsübungen für Erwachsene und Kinder. Die Beklagte, ein bekannter Hersteller von Arzneimitteln, stellt unter anderem das Arzneimittel "T." her, das der Förderung der Gehirnleistung dient. Sie gibt an Apotheken kostenlos eine Schrift ab, die auf dieses Medikament Bezug nimmt, wie aus dem Heft in Anlage TW 6 ersichtlich. Darin enthalten sind unter anderem ebenfalls Übungen zur Förderung der Leistung des Gehirns. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die kostenlose Abgabe dieser Schrift durch die Beklagte an Apotheker verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG mit § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG, § 4 Nr. 1 und Nr. 10 UWG und stelle zudem eine gemäß § 3 UWG verbotene Marktstörung und allgemeine Marktbehinderung dar. Sie begehrt auf dieser Grundlage von der Beklagten Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz von Abmahnkosten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 234 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Schrift der Beklagten sei als bloße Werbe- und Verkaufshilfe zulässig und falle zudem unter die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 5 HWG. Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Apothekern unentgeltlich Zeitschriften für Gehirntraining zur Weitergabe an Apothekenkunden zu gewähren und/oder Apothekern die unentgeltliche Gewährung von Zeitschriften für Gehirntraining zur Weitergabe an Apothekenkunden anzukündigen und/oder anzubieten,

wenn die Zeitschrift etwa 24 Seiten umfasst, mit einem Titelblatt, das im Titel und/oder in sonst hervorgehobener Weise die Produktbezeichnung eines Arzneimittels, insbesondere "T.", enthält, insbesondere wenn der Titel "Mental aktiv mit T." lautet, ferner mit Übungsaufgaben sowie redaktionellen Beiträgen und Tipps zum Thema geistige Fitness im Umfang von etwa 19 Seiten, und schließlich mit Arzneimittelwerbung, insbesondere für "T.", im Umfang von etwa 4 Seiten zuzüglich der Nennung der Produktbezeichnung des Arzneimittels auf jeder Seite, insbesondere "T.", insbesondere im Rahmen der Titelbezeichnung "Mental aktiv mit T." und/oder der Überschrift "T. Fitness-Tipp",

insbesondere, wenn die Zeitschrift aufgemacht und ausgestaltet ist wie in der Klageschrift vom 17. April 2007 auf Seiten 3 bis 15 einkopiert;

2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend zu I.1. bezeichneten Handlungen begangen hat,

und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Zeitschriftenlieferungen, aufgeschlüsselt nach Titeln und jeweiligen Ausgaben, Liefermengen, Lieferzeiten und Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote zur Lieferung der Zeitschriften, aufgeschlüsselt nach Titeln und jeweiligen A...

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