Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 3 O 90/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 01.03.2016, Az. 3 O 90/15, teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen,
gegenüber einem Havaristen, der Mitglied des F ist und zugleich über eine Schutzbriefversicherung bei der Klägerin verfügt, zu behaupten, der F sei aufgrund seiner Mitgliedsbedingungen wegen der zugleich existierenden Schutzbriefversicherung bei der Klägerin nicht zur Hilfeleistung gegenüber dem Havaristen verpflichtet und sich vor diesem Hintergrund einen Auftrag zur Pannenhilfe vom Havaristen erteilen sowie dessen Ansprüche auf Übernahme der Kosten für die Pannenhilfe gegen die Klägerin aus der Schutzbriefversicherung erfüllungshalber abtreten zu lassen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen,
ihr von einem Havaristen, der Mitglied des F ist, erfüllungshalber abgetretene Ansprüche auf Kostenerstattung für eine von der Beklagten durchgeführte Pannenhilfe gegen die Klägerin als Schutzbriefversicherer des Havaristen geltend zu machen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.866,01 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von EUR 1.466,03 seit dem 06.11.2014 und aus einem Betrag von weiteren EUR 399,98 seit dem 29.07.2015 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 1.822,96 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.11.2014 zu zahlen.
5. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen des Rechtsstreits.
III. Das vorliegende Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin in Bezug auf die zu Ziffern I.1. und Ziffer I.2. zuerkannten Unterlassungsansprüche gegen Sicherheits-leistung in Höhe von jeweils EUR 25.000,- und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger Sachversicherer, der u.a. Schutzbriefversicherungen anbietet, nach denen die Kosten für vom jeweiligen Versicherungsnehmer beauftragte Pannenhilfe- oder Abschleppmaßnahmen ganz oder teilweise bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ersetzt werden.
Den Schutzbriefversicherungen der Klägerin liegen die allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung (AKB) zugrunde. Deren Ziffer 3.11. lautet:
"Soweit im Schadenfall ein Dritter ihnen gegenüber aufgrund eines Vertrages oder einer Mitgliedschaft in einem Verband oder Verein zur Leistung oder zur Hilfe verpflichtet ist, gehen diese Ansprüche unseren Leistungsverpflichtungen vor."
Die Beklagte ist ein Abschleppunternehmen, dem (neben anderen Auftraggebern wie etwa Privatpersonen) u.a. der F ("F") Abschleppaufträge seiner Mitglieder vermittelt. Sie ist seit 1962 sog. Straßendienstpartner des F und erbringt als solcher Abschlepp- und Pannenhilfeleistungen (vgl. Anlage K 1).
Der F bietet seinen Mitgliedern bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Pannen- und Unfallhilfe an, die er durch seine Straßendienstpartner erbringen lässt. Wegen der Einzelheiten wird auf die F-Mitgliedsbedingungen (Stand 01.01.2014, auszugsweise als Anlage B 1, Blatt 69 GA vorgelegt) Bezug genommen, wo es unter Ziffer 5d heißt:
"Die Clubleistung ist nicht kostenfrei, wenn gleiche Leistungen auf Grund derselben Ursache mehrmals erbracht oder Schäden grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt werden oder ein Erstattungsanspruch gegen Dritte besteht. Als Dritte gelten nicht die F-Schutzbrief-Versicherungs AG, die F-Rechtsschutz-Versicherungs AG und die F-Autoversicherungs AG."
Am 31.07.1995 ließ der F allen Vertragspartnern des F-Straßendienstes das aus der Anlage K 18 (Blatt 139 GA) ersichtliche Schreiben zukommen, welches Anweisungen zur Vorgehensweise der Straßendienst-Partner enthält, wenn Dritte zur Kostenübernahme verpflichtet sind.
Die Beklagte ließ sich in mehreren Fällen von Havaristen, die sich zunächst als Mitglieder des F telefonisch an diesen gewandt und um F-Pannenhilfe gebeten hatten, nach Vermittlung durch den F vor Ort zwei Formulare unterzeichnen: einerseits ein als "Abtretungsvertrag" bezeichnetes Formular...