Leitsatz (amtlich)
1. Streiten Erbprätendenten über die Wirksamkeit eines Testaments, durch das frühere Testamente widerrufen worden sind, die u.a. ein Vermächtnis enthalten, hat die durch das Vermächtnis Begünstigte in der Regel keine den Lauf der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände und ist auch nicht auf Grund grober Fahrlässigkeit in Unkenntnis, solange die Beweisaufnahme über die Echtheit des späteren Testaments und die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seiner Errichtung nicht abgeschlossen ist.
2. Erklärt der auf Erfüllung eines Vermächtnisses in Anspruch Genommene, eine Auszahlung werde erst erfolgen können, wenn im Rahmen einer Feststellungsklage abschließend über sein Erbrecht entschieden worden sei, kann es treuwidrig sein, wenn er sich nach Abschluss des Feststellungsprozesses auf die Verjährung des Vermächtnisanspruchs beruft.
Normenkette
BGB § 199 Abs. 1, § 2174
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 1 O 338/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.03.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten ihrer Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
A. Die Beklagten wenden sich gegen ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, mit dem sie zur Zahlung aus einem Vermächtnis verurteilt worden sind.
Der Erblasser G.N. verfasste am 04.07.1988 ein handschriftliches Testament, mit dem er seine Töchter N.T., die Beklagte zu 2, und F.U. zu Erbinnen zu gleichen Teilen einsetzte. F.U. verstarb im Jahr 2012, ihre Erben wurden ihr Ehemann K.U., der Beklagte zu 3, sowie ihre zwei Töchter. Mit handschriftlicher Testamentsergänzung aus Februar 1989 verfügte der Erblasser, dass seine Lebensgefährtin H.T. aus dem Nachlass 300.000 DM (= 153.387,56 Euro) erben solle und der Beklagte zu 1 Testamentsvollstrecker werden solle. Mit handschriftlichem Testament vom 14.01.1997 setzte der Erblasser T.H. und I.T. als Erben ein, ohne auf die vorhergehenden Testamente einzugehen. Bei diesen Personen handelt es sich um damalige Mitarbeiterinnen eines Pflegedienstes, der mit der Rund-um-die-Uhr-Versorgung des Erblassers in seinem Privathaushalt beauftragt war.
Der Erblasser verstarb am 06.11.1997. Mit Abtretungsvereinbarung vom 07.11.1997 trat H.T. ihre erbrechtlichen Ansprüche gegen den Nachlass unwiderruflich, auch für den Fall des Todes, an die Kläger ab.
Der Zedentin H.T. wurde das Protokoll über die Eröffnung der Testamente mit sämtlichen Testamenten im Jahr 1998 durch das Amtsgericht E, Nachlassgericht, zugeleitet. Mit Schreiben vom 19.02.1998 schrieb der Beklagte zu 1 als Testamentsvollstrecker der Zedentin unter anderem, dass es eigenartige Dinge gebe, nämlich das "uns enterbende angebliche Testament für die Türkinnen". Mit Schreiben vom 01.02.2005 schrieben die Prozessbevollmächtigten der mit dem früheren Testament eingesetzten Erbinnen N.T. und F.U. an den seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Klägerseite, eine Auszahlung des Vermächtnisbetrages komme derzeit nicht in Betracht. Weiter heißt es: "Selbst wenn im Erbscheinverfahren eine endgültige Entscheidung getroffen sein sollte, wird eine Auszahlung gleichwohl erst dann erfolgen können, wenn abschließend über das Erbrecht unserer Mandantinnen im Rahmen der Feststellungsklage im streitigen Verfahren entschieden wurde. Wann hier abschließend entschieden wird, lässt sich noch nicht sagen."
Nachdem sowohl die Töchter des Erblassers als auch Frau H. die Erteilung eines Erbscheins beantragt hatten, erhob das Nachlassgericht durch die - teilweise zweimalige - Vernehmung von 21 Zeugen und die Einholung von Gutachten eines Psychiaters sowie eines Schriftsatzverständigen Beweis. Mit Beschluss vom 12.04.2000 bestellte es Rechtsanwalt N. zum Nachlasspfleger. Nachdem dieser Beschluss im Beschwerdeverfahren aufgehoben worden war, ordnete es am 13.12.2001 erneut eine Nachlasspflegschaft an, beschränkte diese aber auf die zum Nachlass gehörenden Konten bei der E. Bank. Mit Beschluss vom 01.09.2008 setzte das Nachlassgericht das Verfahren über die Erbscheinsanträge im Hinblick auf den bei dem Landgericht E anhängigen Erbprätendentenstreit 8 0 559/00 aus, in dem nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 03.12.2010 festgestellt wurde, dass die Klägerin zu 2. und F.U. Miterbinnen zu 1/2 geworden sind. Zur Begründung führte das Landgericht im Wesentlichen an, der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Erstellung des letzten Testaments wegen der Folgen einer Altersdemenz nicht mehr testierfähig gewesen. Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der T.H. und der I.T. beschloss der Senat am 15.06.2012, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Mit Sch...