Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherungsschutz in der Rechtsschutzversicherung ist nach § 4 Abs. 2a ARB 75 wegen vorsätzlicher und rechtswidriger Verursachung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer ausgeschlossen, wenn dieser nach einem behaupteten Fahrzeugdiebstahl seine Aufklärungsobliegenheit nach § 7 I Abs. 2 AKB gegenüber seinem Kfz-Versicherer vorsätzlich verletzt hat und sich dabei als Versicherungsfachmann darüber im Klaren sein musste, dass er nach Aufdeckung der Falschangaben seine Ansprüche gegen den Fahrzeugversicherer gerichtlich werde durchsetzen müssen.
2. Dem Leistungsausschluss steht nicht entgegen, dass der Rechtsschutzversicherer eine Deckungszusage für die erste Instanz ohne Vorbehalt erteilt hat, wenn ihm zwar die Berufung des Kfz-Versicherers auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung bekannt war, der Rechtsschutzversicherer aber nicht erkennen konnte, ob der Einwand der Obliegenheitsverletzung Erfolg haben würde.
3. Hingegen kann sich der Rechtsschutzversicherer auf den Leistungsausschluss des § 4 Abs. 2a ARB 75 nicht mehr mit Erfolg stützen, wenn er die Deckungszusage für das Berufungsverfahren seines Versicherungsnehmers ohne Vorbehalt erteilt hat, obwohl aufgrund der durch das erstinstanzliche Urteil offengelegten gewichtigen Verdachtsmomente bei der gebotenen sorgfältigen Bearbeitung ein Vorbehalt zu erwarten gewesen wäre, wenn er die endgültige Kostenübernahme noch von einer Prüfung des Risikoausschlusses abhängig machen wollte.
Normenkette
ARB 75 § 4 Abs. 2a; AKB § 7 I Abs. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 216/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.10.2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 7.9.1999 bleibt aufrechterhalten, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 8.164,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.5.1999 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 5.448,11 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.11.1998 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die durch seine Säumnis im Termin vom 7.9.1999 entstandenen Kosten. Die Kosten des Rechtsstreits (mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer) tragen die Klägerin zu 53 % und der Beklagte zu 47 %.
Die den Streithelfern erwachsenen Kosten trägt die Klägerin für die erste Instanz zu 32 % und für das Berufungsverfahren zu 53 %. Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist nur teilweise begründet.
Die Klägerin kann gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB lediglich die Erstattung der Kosten verlangen, die sie als Rechtsschutzversicherer i.H.v. 8.164,40 DM für die Klage des Beklagten gegen die A. Versicherungs-AG (LG Düsseldorf 11 O 44/96) aufgebracht hat, weil der Beklagte insoweit rechtsgrundlos bereichert ist. Demgegenüber muss sie für die Kosten des nachfolgenden Berufungsverfahrens (OLG Düsseldorf 1 U 3/97) aufkommen, da sie insoweit an ihre Deckungszusage vom 11.9.1996 gebunden bleibt.
I. Die Kosten des Rechtsstreits zwischen dem Beklagten und der A. Versicherungs-AG (im Folgenden: A.) erster Instanz hat die Beklagte rechtsgrundlos getragen, da der Beklagte den Versicherungsfall vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hat, § 4 Abs. 2a) ARB 75.
1. Den Versicherungsfall hat der Beklagte dadurch ausgelöst, dass er wissentlich und willentlich seine Aufklärungsobliegenheit gem. § 7 I Abs. 2 AKB gegenüber der A. als Fahrzeugversicherer verletzt hat, indem er sowohl in der Schadenanzeige vom 22.3.1995 als auch in dem von ihm am 28.3.1995 ausgefüllten Fragebogen fälschlicherweise angab, sein am 16.3.1995 in Posen entwendeter Audi 100 habe zum Diebstahlszeitpunkt eine Laufleistung von ca. 53.000 km aufgewiesen, obwohl sich nach dessen Sicherstellung am 14.4.1995 und Rückführung nach Deutschland herausgestellt hat, dass der Tachostand rd. 191.000 km betrug. Denn damit hat er begonnen, gegen Rechtspflichten i.S.v. § 14 Abs. 3 S. 1 ARB 75 zu verstoßen. Dabei unterliegt keinem Zweifel, dass der Beklagte, der die Erfüllung des objektiven Tatbestandes einer Obliegenheitsverletzung nicht mehr in Abrede stellt, vorsätzlich gehandelt hat. Der 1. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat dazu im Vorprozess ausgeführt, selbst wenn der – der deutschen Sprache durchaus mächtige – Beklagte die Frage nach der „Laufleistung” – wie behauptet – dahin verstanden hätte, dass er gefragt werde, welche Wegstrecke er persönlich mit dem Fahrzeug zurückgelegt habe, seien seine Angaben bewusst falsch gewesen. Unstreitig habe er den Audi 100 mit einer Fahrleistung von knapp 27.000 km übernommen. Bereits daraus folge aber, dass er während seiner zweijährigen Besitzzeit wesentlich mehr als nur 53.000 km gefahren sein müsse. Anderenfalls gäbe es ke...