Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 29.04.2015; Aktenzeichen 12 O 60/15)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 29.04.2015 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Verfügungsbeklagte.

 

Gründe

I. Der Senat sieht von einer Darstellung des Tatbestanders gemäß § 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO ab.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 517, 519 ZPO form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt auch den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, denn die Verfügungsbeklagte rügt Rechtsverletzungen im Sinne des § 546 ZPO durch das LG, die - als zutreffend unterstellt - entscheidungserheblich wären.

Die Berufung ist nicht begründet. Das LG hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht die zunächst ohne mündliche Verhandlung erlassene einstweilige Verfügung bestätigt. Der Verfügungsklägerin steht der zuerkannte Gegendarstellungsanspruch gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 RStV gegen die Verfügungsbeklagte zu.

1. Die Verfügungsklägerin wendet sich mit ihrer Gegendarstellung gegen eine Tatsachenbehauptung der Verfügungsbeklagten.

Am 2.2.2015 erschien auf der von der Verfügungsbeklagten verantworteten Internetseite ...de folgender Artikel:

...

Die in dieser Darstellung zum Ausdruck gekommene Absicht der Verfügungsklägerin, Mitarbeiter durch eine Umgruppierung nach den niedrigeren Tarifen der Logistikbranche zu bezahlen, ist als Tatsache wiedergegeben und kann daher Gegenstand einer Gegendarstellung sein. Der Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung betrifft allein Tatsachenbehauptungen. Mit dieser Beschränkung hat der Gesetzgeber gegenüber dem Schutz des einzelnen Betroffenen einer freien Gestaltung der Pressebeiträge durch einen kritischen Journalismus den Vorzug gegeben und dadurch gleichzeitig verhindert, dass die Pressetätigkeit durch eine Abdruckpflicht der verschiedensten Gegenmeinungen unzumutbar behindert wird. Tatsachenbehauptungen sind Äußerungen, deren Richtigkeit bewiesen werden kann (allgemeine Auffassung in Rechtsprechung und Literatur vgl. BGH Urt. v. 11.03.2008, VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110; BVerfG Beschl. v. 8.9.2010, 1 BvR 1890/08, NJW 2010, 3501; Münchner-Kommentar/Rixecker, BGB, 6. Auflage 2012, § 12 Rn. 143 mit zahlreichen Nachweisen). Sie beziehen sich auf konkrete Geschehnisse und Umstände einer behaupteten Wirklichkeit, die beobachtet, erforscht, gemessen werden können. Ihr Vorhandensein kann festgestellt werden. Dazu gehören auch innere Vorgänge wie Motive, Einstellungen und Absichten eines Einzelnen. Letzteres wird hier von der Verfügungsbeklagten dargestellt. Aus dem zu berücksichtigenden Kontext ergibt sich, dass die Verfügungsbeklagte nicht lediglich eine eigene Meinung und Schlussfolgerung darstellen wollte. Wie sich aus der Überschrift "..." und der sich aus "internen Unterlagen" hervorgehenden geplanten Umgruppierung ergibt, wurde die Absicht der Verfügungsklägerin als innere Tatsache dargestellt, eine Umstrukturierung des Personals mit Bezahlung von Niedriglöhnen nach dem Tarif der Logistikbranche vorzunehmen.

2. Die von der Verfügungsklägerin verlangte Gegendarstellung

"Gegendarstellung

In einem Artikel auf www.de vom 02.2.2015 mit der Überschrift "..." heißt es:

...

Hierzu stellen wir fest:

...

ist formal und inhaltlich nicht zu beanstanden.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist der Text der Gegendarstellung nicht irreführend. Grundsätzlich setzt der Gegendarstellungsanspruch wegen seines formalen Charakters weder den Nachweis der Unwahrheit der Erstmitteilung noch der Wahrheit der Entgegnung voraus (vgl. BVerfG Beschluss vom 14.02.1998, 1 BvR 1861/93, NJW 1998, 1381, 1382; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Auflage, Kap. 6 Rn. 192; Sedelmeier in: Löffler, Presserecht, 5. Auflage, § 11 LPG Rn. 63; Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kapitel 11 Rn. 127 mit weiteren Nachweisen). Gegendarstellungen sind nur dann unzulässig, wenn sie eindeutig irreführend sind, wobei sich die Irreführung aus unstreitigen oder offenkundigen Tatsachen ergeben muss (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.2.2009, 14 U 156/08, AfP 2009, 267 ff; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.9.2004, 15 U 118/04, AfP 2005, 368 ff; OLG München Urteil vom 13.03.1998, 21 U 2208/98, NJW-RR 1999, 386, 387; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Auflage, Kap. 6 Rn. 192 mit weiteren Nachweisen). Die Unzulässigkeit der Gegendarstellung ergibt sich bei eindeutig irreführenden Gegendarstellungen letztlich aus dem Gedanken des Rechtsmissbrauchs als allgemeinem Rechtsprinzip (Senat, Beschluss vom 22.4.2014, 16 W 21/14).

Der in der Veröffentlichung enthaltene Vorwurf der Verfügungsbeklagten geht dahin, die Verfügungsklägerin habe die Absicht, Mitarbeiter nach den Tarifen der Logistikbranche zu bezahlen. Dies verneint die Gegendarstellung. Andere Tarifstrukturen sind nicht Gegenstand des Berichts der Verfügungsbeklagten. Es bedarf keine...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?