Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 2 O 167/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.12.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.606,00 EUR und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 457,91 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 81 % und die Beklagte zu 19 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen behaupteter ärztlicher Fehlbehandlung ihres verstorbenen Ehemanns K. H. S. (im Folgenden: Patient), dessen Alleinerbin sie ist, geltend.

Der am 29.12.1936 geborene Patient wurde am 01.11.2008 nach Aspiration von Nahrung notfallmäßig im Krankenhaus der Beklagten eingeliefert. Dort starb er am folgenden Morgen an den Folgen eines Herzinfarkts.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Patient sei nach der Einlieferung in das Krankenhaus der Beklagten 45 Minuten lang unbehandelt geblieben. Weder während der Wartezeit noch später sei er hinreichend mit Sauerstoff versorgt worden. Dies und die Verzögerung der notwendigen Absaugung hätten zu dem später erlittenen Herzinfarkt und schließlich zum Tod des Patienten geführt. Seit dem Tod ihres Ehemannes leide sie unter Weinkrämpfen, Einsamkeit, Wutanfällen und Hilflosigkeit sowie häufigen Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfällen und finanziellen Ängsten. Sie hat aus ererbtem Recht ein angemessenes Schmerzensgeld, das 30.000 EUR nicht unterschreiten sollte, und aus eigenem Recht ein solches, das 5.000 EUR nicht unterschreiten sollte, geltend gemacht. Ferner hat sie den Ersatz von 5.674 EUR Beerdigungskosten und den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 745,42 EUR begehrt.

Die Beklagte hat Versäumnisse bestritten. Sie hat geltend gemacht, der Patient sei an einer vorbestehenden Herzerkrankung gestorben. Sein Tod sei schicksalhaft gewesen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung internistischer Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. E. und Dr. G.. Mit Urteil vom 14.12.2015 hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und macht überdies sinngemäß geltend, dem sich im Krankenhaus der Beklagten ankündigenden Herzinfarkt sei nicht (rechtzeitig) begegnet worden. Die vom Landgericht eingeholten Gutachten hält sie für nicht verwertbar und meint, es sei deshalb ein Gutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 14.12.2015, 2 O 167/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie

1. 5.674 EUR zzgl. vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 745,42 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2012 und

2. ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2012

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B. und Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. E.. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.11.2016 (GA 833 f.) nebst Berichterstattervermerk (im Folgenden: BEV) vom 17.11.2016 (GA 839 ff.), das Sitzungsprotokoll vom 22.06.2017 (GA 899 f.) nebst BEV vom 21.07.2017 (GA 902 ff.), die gutachterliche Stellungnahme vom 16.01.2019 (GA 1204) und das Sitzungsprotokoll vom 25.02.2019 (GA 1216 f.) nebst BEV vom 25.03.2019 (GA 1221 ff.) verwiesen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

B Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

I. Der Klägerin steht aus ererbtem Recht des Patienten wegen dessen fehlerhafter Behandlung gegen die Beklagte ein Schmerzensgeld von 2.000 EUR zu.

1. Als behandlungsfehlerhaft ist anzusehen, dass der Patient nicht spätestens nach Ablauf von zehn Minuten nach dem am Aufnahmetag um 15.33 Uhr aufgezeichneten EKG, zumindest aber nach Ablauf von zehn Minuten nach dem um 15.37 Uhr vorliegenden Laborergebnis unverzüglich auf den nächsten freien (im Krankenhaus der Beklagten vorhandenen) Katheterplatz verbracht w...

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