Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des "Anbieters" nach § 9 S. 2 Nr. 1 PatG
Leitsatz (amtlich)
Das Ausstellen einer Ware auf einer inländischen Fachmesse stellt ein Anbieten i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG dar, sofern es sich bei der Messe nicht ausnahmsweise um eine reine Leistungsschau handelt.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.06.2013; Aktenzeichen 4a O 179/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 18.6.2013 - 4a O 179/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung gemäß A. III. des Tenors dieses Urteils zum Rückruf aus den Vertriebswegen aufgehoben wird.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten werden der Klägerin zu 10 % auferlegt. Seine übrigen außergerichtlichen Kosten trägt der Streithelfer selbst.
Dieses Urteil und das Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 1.000.000 EUR abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents DE 197 55 XXX C 2 (im Folgenden Klagepatent, Anlage K 2), das Sterilcontainer für medizinische Zwecke zum Gegenstand hat. Nach Anmeldung am 13.12.1997 wurde die Erteilung des Klagepatents am 12.7.2001 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.
Der Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
"Sterilcontainer für medizinische Zwecke mit einem wannenförmigen Unterteil und einem dichtend auf dieses aufsetzbaren Deckel, der durch einen Verschluss gegen das Unterteil spannbar ist, wobei der Verschluss eine zwischen einer Offenstellung und einer Schließstellung um eine Achse schwenkbare Klappe mit einem Rastvorsprung und eine Rastnase mit einem Rücksprung zur Aufnahme des Rastvorsprungs in der Schließstellung der Klappe aufweist, bei denen der Rastvorsprung in der Klappe in einer Richtung elastisch verschiebbar ist, in der er aus dem Rücksprung der Rastnase entfernt wird."
Die Beklagte war auf der Messe "Medica 2012" in Düsseldorf am Messestand "Turkish Pavilion" beteiligt, auf dem Unternehmen der türkischen Region "Samsun" mit ihren Produkten vertreten waren. Sie ist eine türkische Vereinigung, welche die Teilnahme ihrer Mitgliedsfirmen u.a. auf Messen fördert und diese unterstützt, um ihnen den Einstieg in den internationalen Markt zu ermöglichen sowie den Export und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Auf dem Messestand wurden Sterilcontainer der Herstellerfirma B (fortan B) wie auf dem nachfolgenden Lichtbild (Bl. 14 GA) zu sehen ausgestellt:
An den Wänden des Messestandes war der Namenszug "C" angeschlagen; erstinstanzlich war unstreitig, dass dort der Namenszug der Beklagten zu erkennen war.
Der Messestand sah wie auf den beiden folgenden Lichtbildern ersichtlich aus:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch.
Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, das Ausstellen der Sterilcontainer stelle ein patentverletzendes "Anbieten" dar. Die Medica sei eine der weltweit führenden Verkaufsmessen für Fachleute im medizinischen Bereich. Es liege eine eigene Angebotshandlung der Beklagten vor. Sie sei nach außen hin, insbesondere aufgrund der Ausgestaltung des Messestandes und ausweislich ihres Profils im Internet (Anlage K 8), als Hauptausstellerin und Ansprechpartnerin für interessierte Kunden aufgetreten, zumal eine Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme mit den einzelnen Unternehmen nicht bestanden habe. Jedenfalls habe die Beklagte gegen ihre Rechtspflicht zur Beachtung von gewerblichen Schutzrechten Dritter verstoßen, weil es ihr mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen wäre, die ausgestellten Produkte auf etwaige Schutzrechtsverletzungen zu überprüfen. Zumindest hafte die Beklagte als Störer auf Unterlassung.
Die Klägerin hat, nachdem sie einen zunächst gestellten Antrag auf Vernichtung zurückgenommen hat, zuletzt beantragt wie erkannt.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag vor dem LG wie folgt begründet: Eine angebliche patentrechtliche Verletzung durch sie liege nicht vor. Zum Thema "Merkmale des Klagepatents" könne sie keine Stellung nehmen. Ihre Teilnahme am Messestand sei auf Grundlage einer Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer Samsun erfolgt. Es habe sich nicht um eine Verkaufsmesse, sondern um eine Leistungsschau gehandelt. Sie habe die Sterilcontainer nicht angeboten, sondern sich auf die Organisation des Mes...