Leitsatz (amtlich)
1. Zur Schätzung des Haushaltsführungsschadens bei wechselnden Verhältnissen.
2. Der Stundensatz einer Haushaltshilfe kann regelmäßig auf der Basis der mittleren Bruttogehälter des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst des Bundes (TVöD) geschätzt werden. Er kann aktuell 12,00 Euro netto betragen.
Normenkette
BGB § 843 Abs. 1; StVG § 11 S. 1; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 6 O 349/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 28.01.2020 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf (6 O 349/15) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.957,37 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2015 zu zahlen sowie dazu, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 887,02 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 75 % und die Beklagte zu 25 %. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 58 % und die Beklagte zu 42 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. pp.
II. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Der Klägerin stehen unter Berücksichtigung der bereits durch die Beklagte erbrachten Vorschusszahlungen noch Ansprüche auf Ersatz ihres Verdienstausfalls in Höhe von 9.477,03 Euro, auf Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 234,75 Euro und auf Erstattung der Kosten für den Umzug nach Deidesheim in Höhe von 245,59 Euro zu. Zudem kann die Klägerin Freistellung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 887,02 Euro verlangen. Dagegen bestehen Ansprüche auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens und auf Ersatz von Mietkosten nicht mehr, weil diese Ansprüche durch die Vorschusszahlungen der Beklagten vollständig erloschen sind.
Im Einzelnen:
1. Da die Klägerin in der Klageschrift die ohne Tilgungsbestimmung erbrachten Vorschusszahlungen der Beklagten ohne Angabe einer Reihenfolge auf die Klageforderungen (ohne Schmerzensgeld, Rechtsanwaltskosten und Zinsen) verrechnet hat, ist von einer anteiligen Verrechnung auf alle Forderungen im Verhältnis der Höhe des gezahlten Betrags von 59.000,00 Euro und der Summe der Klageforderungen von 83.419,25 Euro (70,72 %) auszugehen. Damit ist das Begehren der Klägerin dahingehend auszulegen, dass sie die Forderungen noch in folgendem Umfang geltend macht:
Forderung |
Betrag |
Anrechnung (70,72 %) |
Restforderung |
Haushaltsführungs-schaden |
36.982,55 Euro |
26.156,67 Euro |
10.825,87 Euro |
Verdienstausfall |
35.073,51 Euro |
24.806,46 Euro |
10.267,04 Euro |
Fahrtkosten |
7.697,20 Euro |
5.444,00 Euro |
2.253,20 Euro |
Mietkosten |
2.400,00 Euro |
1.697,44 Euro |
702,55 Euro |
Umzugskosten |
838,95 Euro |
593,36 Euro |
245,59 Euro |
2. Der Klägerin steht aufgrund der unstreitigen Haftung der Beklagten für Schäden aus dem Unfall gegen diese nach § 11 StVG ein Anspruch auf Ersatz ihres Verdienstausfallschadens in Höhe von 9.477,03 Euro zu.
a) Insoweit hat sie durch die Aussage des Zeugen R. nachgewiesen, dass ihr eine Erwerbstätigkeit bei der S. ab dem 01.02.2008 angeboten worden ist und dass sie diese wegen ihrer unfallbedingten Beeinträchtigungen nicht hat annehmen können. Der Zeuge R. hat sowohl die durch die Klägerin behaupteten Konditionen des Stellenangebots wie auch den Umstand bestätigt, dass er davon abgesehen habe, die Klägerin einzustellen, weil er die Befürchtung gehabt habe, die Klägerin könnte auch in Zukunft wegen kniebedingter Beschwerden ausfallen und ihr Ausfall könne schwierig zu kompensieren sein.
Dass die Klägerin in der Folge bis zum Beginn der freiberuflichen Tätigkeit für die S.am 20.06.2008 gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung verstoßen hat, ist durch die Beklagte nicht dargelegt. Vielmehr war der Klägerin im ersten Halbjahr des Jahres 2008 die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wegen ihrer sich verschlimmernden Kniebeschwerden nicht zumutbar. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin ausweislich der als Anlage K2 bis K5 vorgelegten Bescheinigungen bis zum 21.02.2008 für arbeitsunfähig erklärt worden war und sich schließlich im März 2008 einer erneuten Operation am Knie unterziehen musste. Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten weder in Zweifel gezogen, dass eine solche Operation medizinisch notwendig gewesen ist noch, dass es sich um eine Folge der bei dem Unfall erlittenen Knieverletzung gehandelt hat. Auch in der Zeit nach dem stationären Klinikaufenthalt war die Klägerin nicht sogleich wieder in der Lage, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen, weil sich aus dem Operationsbericht vom 19.03.2008 (Anlage K6) ergibt, dass sie unmittelbar nach der Operation für zwei Wochen auf zwei Unterarmstützen angewiesen gewesen ist und auch danach erst wieder schrittweise die ihrem Knie zuzumutende Belastung hat anpassen müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin den Beginn der freiberuflichen Tätigkeit bei der ...