Leitsatz (amtlich)
1. Die fristlose Kündigung eines Dienstvertrages, der die "Sanierung" eines nicht mehr rentablen Unternehmens bezweckt, kann bei wiederholten abfälligen Äußerungen des Geschäftsführers der beauftragten Gesellschaft über den Inhaber des zu sanierenden Unternehmens gerechtfertigt sein, insbesondere wenn der "Sanierer" mehrfach eigenen wirtschaftlichen Interessen den Vorzug vor dem "Sanierungserfolg" gibt.
2. Die durch entsprechende Äußerungen bewirkte Störung des Vertrauensverhältnisses macht eine Abmahnung entbehrlich.
3. § 627 BGB kann einzelvertraglich durch eine Befristung der Vertragslaufzeit abbedungen werden.
Normenkette
BGB §§ 611, 626-627
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 07.03.2007; Aktenzeichen 3 O 117/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 7.3.2007 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Honorar für Management-Dienstleistungen in Anspruch.
Die Beklagte zu 1. ist als Holding-Gesellschaft Gesellschafterin mehrerer Unternehmen, u.a. der Beklagten zu 2.. Diese hatte das Wirtschaftsjahr 2004 mit Verlust abgeschlossen. Die als Familienunternehmen geführte Unternehmensgruppe "I. F." suchte deswegen nach dem Ausscheiden eines Fremdgeschäftsführers und aufgrund mangelnder Erfahrung des Mitgesellschafters und Geschäftsführers B. einen geeigneten Berater als "Sanierer" und Geschäftsführer. Von dritter Seite wurde B. der jetzige Vorstand der Klägerin Dr. N. als geeignet empfohlen.
Nach Vorgesprächen schlossen die Vorgängergesellschaft der Klägerin - handelnd als "M. GmbH" - und die Beklagte zu 2. am 28.1.2005 einen Management-Dienstleistungsvertrag über Unterstützungstätigkeiten bei der Sanierung des Unternehmens der Zweitbeklagten gegen Zahlung einer festen Vergütung von 320.000 EUR pro Jahr zzgl. Erfolgshonorar. Die Beklagte zu 1. übernahm neben der Beklagten zu 2. die Mithaftung für das geschuldete Honorar. In § 3 des Vertrages war bestimmt, dass Dr. N. zum weiteren Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 2. bestellt wird. Durch Erklärung auf der Vertragsurkunde stimmte Dr. N. der Geltung des Vertrages auch für sich selbst zu. Er wurde durch die Gesellschafter in der Folgezeit zum Mitgeschäftsführer bestellt.
In Ergänzung zum Management-Dienstleistungsvertrag schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 2. am 17.08./1.9.2005 einen Beratungsvertrag zur Entwicklung einer sog. "Plattformstrategie" zur Standardisierung und Modularisierung der von der Beklagten zu 2. hergestellten Produkte. Als Honorar waren monatlich 10.000 EUR netto vereinbart. Ferner schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 2. am 6.12.2005 ebenfalls in Ergänzung zu dem Management-Dienstleistungsvertrag einen Beratungsvertrag über die Weiterentwicklung der Organisation, Restrukturierung des Finanz- und Rechnungswesens und die Einführung eines Controllings (ERP-/IT-Systemeinführung) für ein Pauschalhonorar von 106.000 EUR für die Zeit von November 2005 bis Juli 2006.
In einer als "Mandatserklärung" vom 20.10.2005 nebst "Honorarvereinbarung" vom 27.10.2005 bezeichneten Vereinbarung beauftragte die Beklagte zu 2. die Klägerin ferner mit der Suche nach potentiellen Investoren gegen Erfolgshonorar.
Im Januar 2006 wiesen die Gesellschafter der Beklagten zu 1. den Mitgeschäftsführer Dr. N. an, das "Bankenproblem" zu lösen. In Umsetzung dieser Anweisung beauftragte die Beklagte zu 1. am 2.2.2006 die "M. N." - vertreten durch Dr. N. - mit Kontaktaufnahme und Verhandlungen zur Neugestaltung der Bankenverbindung der Erstbeklagten gegen Zahlung eines festen Erfolgshonorars von 100.000 EUR netto. Dr. N. regte die Ablösung des bisherigen Bankenpools durch von ihm vermittelte andere Banken (...) an. Im März 2006 fand ein Beratungsgespräch mit Vertretern der C.-Bank, der Sparkasse H., der Stadtsparkasse W. von E.-H. statt, an der für die Beklagten neben Dr. N. auch B. teilnahm. Die Banken äußerten Bedenken hinsichtlich des geplanten Sanierungserfolgs. Dr. N. bot hierauf an, sein Depot bei der D.-Bank in E. zu verpfänden. Der Mitgeschäftsführer B. erklärte sich zur Übernahme einer persönlichen Bürgschaft i.H.v. 1.000.000 EUR bereit.
In einer als "Rechtsverbindliche Erklärung und Vereinbarung" überschriebenen Erklärung vom 17.3.2006 verpflichtete sich der Gesellschafter B. zur Übertragung von 26 % der Gesellschaftsanteile an der Holding an Dr. N. für die Dauer der von ihm in Aussicht gestellten Verpfändung des Bankdepots ("Zusage einer Bürgschaft" vom 17.3.2006). Auch nach Rückgabe der Sicherheit sollten Dr. N. 10 % der Gesellschaftsanteile verbleiben, verbunden mit einer "call-option" für B.. Die Erklärung ist unterzeichnet von B., Dr....