Leitsatz (amtlich)
Nach § 152 VVG haftet der Kfz-Haftpflichtversicherer dem Geschädigten nicht, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 3 O 155/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) und die Anschlussberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten zu 1) und des weiter gehenden Rechtsmittels der Klägerin das am 30.7.2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin wegen der Körperverletzung vom 10.10.1999 ein angemessenes (weiteres) Schmerzensgeld von 2.045,17 Euro (4.000 DM) nebst 4 % Zinsen von 3.579,04 Euro für die Zeit vom 23.3.2000 bis zum 22.1.2003 und weiteren 4 % Zinsen von 2.045,17 Euro ab dem 23.1.2003 zu zahlen.
Der Beklagte zu 1) wird ferner verurteilt, an die Klägerin 1.930,39 Euro (387,97 Euro + 1.542,42 Euro) nebst 4 % Zinsen von 384,97 Euro seit dem 10.10.1999 und weiteren 4 % Zinsen von 1.542,42 Euro ab dem 10.12.1999 zu zahlen.
Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.
Die Gerichtskosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 22 % und der Beklagte zu 1) zu 78 %. Von den außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerin diejenigen der Beklagten zu 2) voll und 22 % der eigenen, der Beklagte zu 1) die eigenen und 78 % der der Klägerin erwachsenen Kosten.
Die Gerichtskosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin zu 60 % und der Beklagte zu 1) zu 40 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin. Die übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerin zu 60 % und der Beklagte zu 1) zu 40 %.
Durch die Anrufung des unzuständigen AG Geldern entstandene Mehrkosten trägt die Klägerin allein.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung der Beklagten zu 2) hat Erfolg, während die Anschlussberufung der Klägerin nur wegen der Zinsen bzgl. des zuerkannten Schmerzensgeldes gerechtfertigt und die Berufung des Beklagten zu 1) unbegründet ist.
I. Die Berufung der Beklagten zu 2) hat Erfolg.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) kein Anspruch nach § 3 Nr. 1 PflVG zu.
Gemäß § 152 VVG haftet die Beklagte zu 2) nicht, weil der Beklagte zu 1), ihr Versicherungsnehmer, den Schaden am Pkw der Klägerin vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt hat. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen S. in seinem Gutachten vom 9.11.2001 und dem Ergänzungsgutachten vom 21.2.2002 steht fest, dass der Beklagte zu 1) entgegen seinem Vortrag ungebremst, also vorsätzlich und widerrechtlich, auf das allenfalls leicht gebremste Fahrzeug der Klägerin aufgefahren ist und hierdurch den insoweit geltend gemachten Schaden verursacht hat.
Entgegen der vom LG vertretenen Auffassung greift daher der Haftungsausschluss des § 152 VVG ein. Der Anwendbarkeit dieser Bestimmung stehen keine systematischen Gründe entgegen. Denn da die Vorschrift in den allgemeinen Vorschriften über die Haftpflichtversicherung enthalten ist, gilt sie auch für die nachfolgenden besonderen Vorschriften für die Pflichtversicherung, soweit dort keine abweichende Regelung getroffen ist. Dies ist nicht der Fall.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 158c Abs. 1 VVG. Für den Bereich der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherung sind § 158c Abs. 1 und 2 VVG durch § 3 Nr. 4 und 5 PflVG ersetzt mit der Folge, dass nach § 3 Nr. 6 S. 1 PflVG § 158c Abs. 3 VVG sinngemäß gilt (vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 158c Rz. 1). gem. § 158c Abs. 3 VVG haftet der Versicherer aber nur im Rahmen der von ihm übernommenen Gefahr – und also nicht für eine vorsätzliche und rechtswidrige Schadenszufügung seines Versicherungsnehmers. Entgegen der vom LG vertretenen Auffassung führt dies auch nicht zu einem vernünftiger Betrachtungsweise zuwider laufenden Ergebnis. Denn für die der gesetzlichen Regelung entspr. Auslegung lässt sich anführen, dass der dem Direktanspruch zugrundeliegende (Drittbegünstigungs-)Gedanke die Haftung des ggü. seinem Versicherungsnehmer (Schädiger) leistungsfreien Kfz-Haftpflichtversicherer nicht mehr trägt, wenn der Versicherungsnehmer (Schädiger) zufällig ein Kraftfahrzeug als instrumentum sceleris dazu benutzt, einen anderen – vorsätzlich – zu schädigen; denn in diesem Fall verwirklicht sich eine Gefahr, die ausschließlich auf dem bewussten und verantwortlichen Entschluss des Versicherungsnehmers (Schädigers) beruht und damit keine von der Kfz-Haftpflichtversicherung erfasste „Kraftfahrtgefahr” ist (vgl. Anm. Lorenz, VersR 1997, 349 [350] – Bl. 91). Zudem wäre § 12 Abs. 1 Nr. 3 PflVG, der gerade für den vorliegenden Sachverhalt eine Kompensation vorsieht, unverständlich und überflüssig, wenn bei vorsätzlicher Schadenszufügung ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer bestünde. Dem gem. geht auch der BGH davon aus, dass es sich bei § 152 VVG um einen subjektiven Risikoausschluss handelt, bei dem von vornherein festgelegt ist, dass ein solcher Schadenfall nicht unter den Schutz des Versicherungsvertrag...