Leitsatz (amtlich)

1. Fiktives Einkommen kann dem Unterhaltspflichtigen schon dann zugerechnet werden, wenn er im Unterhaltszeitraum eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterläßt. Eine leichtfertige Verletzung der Erwerbsobliegenheit ist nicht erforderlich.

2. Im Mangelfall ist der Einsatzbetrag für den unterhaltsbedürftigen Ehegatten unabhängig vom Kindesunterhalt zu bestimmen. Der Kindesunterhalt ist daher bei Berechnung dieses Einsatzbetrages nicht vorweg abzuziehen.

 

Normenkette

BGB § 1581

 

Verfahrensgang

AG Wuppertal (Urteil vom 06.01.1997; Aktenzeichen 66 F 784/96 (122))

 

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – Wuppertal vom 6. Januar 1997 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, in Abänderung des Ziffer 1 des Vergleichs vom 21. März 1991 (Amtsgericht Wuppertal 66 F 136/90) an die Kläger folgende Unterhaltsbeträge zu zahlen:

Vom 31. Oktober 1996 bis 30. April 1997 für die Kläger zu 1.) und zu 2.) monatlich je 169,47 DM,

für den Kläger zu 3.) monatlich 125,02 DM,

seit 1. Mai 1997

an die Kläger zu 1.) und zu 2.) monatlich jeweils 90 DM

an den Kläger zu 3.) monatlich 76 DM.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

II.

Von den Kosten der 1. Instanz tragen die Kläger zu 1.) und zu 2.) jeweils 35 %, der Kläger zu 3.) 30 %.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten im Berufungsrechtszug fallen diesen selbst zu 32 %, den Klägern zu 1.) und zu 2.) zu jeweils 24 % und dem Kläger zu 3.) zu 20 % zur Last.

Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1.) und zu 2.) II. Instanz tragen diese selbst jeweils 68 %, der Beklagte jeweils 32 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3.) im Berufungsverfahren werden ihm zu 66 %, dem Beklagten zu 34 % auferlegt.

III.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 1.000,00 DM abzuwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung abzuwenden und zwar die Kläger zu 1.) und zu 2.) in Höhe von jeweils 1.000,00 DM, der Kläger zu 3.) in Höhe von 700,00 DM, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse geleistet werden.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger (der Kläger zu 1. und zu 2. sind Zwillinge) sind die gemeinschaftlichen Kinder aus der am 21.03.1991 rechtskräftig geschiedenen Ehe ihrer gesetzlichen Vertreterin und des Beklagten. Im Scheidungstermin verpflichtete sich der Beklagte durch gerichtlichen Vergleich für den Kläger zu 1. und zu 2. jeweils monatlich 325,00 DM und für den Kläger zu 3. monatlich 270,00 DM Unterhalt zu zahlen abzüglich anteiligen hälftigen Kindergeldes (187,50 DM), also aufgerundet insgesamt 735,00 DM. Grundlage des Vergleichs war ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Beklagten von 2.300,00 DM. Der Kindesunterhalt wurde der Einkommensgruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.01.1989) entnommen. Die gesetzliche Vertreterin der Kläger erhielt das staatliche Kindergeld.

Der Beklagte ist seit 21.01.1994 wiederverheiratet. Aus dieser Ehe ist die am 29.07.1994 geborene Tochter S. hervorgegangen. Die zweite Frau des Beklagten – R. – lebt seit März 1996 zusammen mit S. vom Beklagten getrennt. In dem nach wie vor beim Amtsgericht L. anhängigen Scheidungsverfahren (109) wurde dem Beklagten durch einstweilige Anordnung vom 15.11.1996 aufgegeben, ab Dezember 1996 monatlich 507,20 DM Trennungsunterhalt für seine jetzige Frau zu zahlen (sowie für Juli 1996 einen Rückstandsbetrag von 153,16 DM).

Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger zunächst unter Außerachtlassung des Scheidungsvergleichs eine Leistungsklage eingereicht und den Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle verlangt. Später haben sie unter Berücksichtigung des Vergleichs Abänderungsstufenklage erhoben, die sie jedoch in der letzten mündlichen Verhandlung mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen haben (113). Der Beklagte hat mit seiner am 10.6.1996 eingereichten (29) und am 31.10.1996 (97) zugestellten Abänderungswiderklage beantragt, die durch Vergleich vom 21.03.1991 titulierten Unterhaltsbeträge auf insgesamt monatlich 463,96 DM (für die Kläger zu 1) und zu 2) auf monatlich 286,14 DM, für den Kläger zu 3)auf monatlich 241,68 DM, abzüglich anteiligen Kindergeldes von 350,00 DM) herabzusetzen.

Der 37 Jahre alte Beklagte, der von Beruf Maler und Lackierer ist und in den letzten Jahren als Maschineneinrichter tätig war, kündigte seine letzte Arbeitsstelle, wo er monatlich brutto 3.997,08 DM verdient hatte (33), Ende 1995, um eine neue Arbeitsstelle anzutreten. Hierzu kam es nicht. Der Beklagte...

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