Leitsatz (amtlich)

1. Eine schuldhafte Verzögerung der Klagezustellung durch den Versicherungsnehmer oder seinen Anwalt wahrt die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG nur dann, wenn sie 14 Tage nicht überschreitet. Zu einer großzügigeren Bemessung dieser Frist bietet § 691 Abs. 2 ZPO keine Veranlassung, weil es sich dabei um eine Sonderregelung handelt, die außerhalb des Mahnverfahrens keine entsprechende Anwendung findet (Anschluss an BGH FamRZ 2004, 21 und BGH GuT 2005, 180).

2. Das gilt jedenfalls in Verfahren mit Anwaltszwang auch dann, wenn der Kläger länger braucht, um den Gerichtsgebührenvorschuss einzuzahlen. Er braucht die Höhe des Vorschusses zwar nicht selbst zu berechnen und den so ermittelten Betrag unaufgefordert einzuzahlen. Aufgrund anwaltlicher Beratung hat er sich aber schon bei Klageeinreichung darauf einstellen, die Mittel für eine nicht unerhebliche Gebührenforderung aufzubringen, oder Prozesskostenhilfe zu beantragen, falls ihm das nicht möglich ist.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 26.10.2005; Aktenzeichen 11 O 190/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 26.10.2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, der bei der Beklagten für den T. hof, L. straße ..., N., eine landwirtschaftliche Sachversicherung auf der Basis der ABL 02 (GA 35) unterhält, nimmt diese wegen eines Brandes, der sich am 3.3.2004 ereignet hat, in Anspruch. Die Beklagte hat die Schadensregulierung mit Schreiben vom 25.10.2004 (GA 6), zugegangen am 27.10.2004 (GA 3), wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit abgelehnt und dem Kläger eine Klagefrist gem. § 12 Abs. 3 VVG gesetzt. Die von ihm erhobene Klage ging am 26.4.2005 beim LG ein. Am 6.5.2006 erhielt seine erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte die Gerichtskostenanforderung über 6.168 EUR (GA 112). Diese bewirkte am 3.6.2005 die Einzahlung.

Den Brandschaden beziffert der Kläger mit (netto) 269.765,17 EUR. Nachdem er zunächst auch auf Zahlung von Mehrwertsteuer (43.162,43 EUR) geklagt hatte, hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 269.765,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat den Standpunkt eingenommen, die Klagefrist sei nicht gewahrt, da die Klageschrift nicht mehr "demnächst" zugestellt worden sei. Außerdem hat sie sich darauf berufen, der Kläger habe die Aufklärungsobliegenheit verletzt und den Brandschaden grob fahrlässig herbeigeführt.

Das LG hat die Klage wegen Versäumung der Klagefrist abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht geltend: Eine Verzögerung, die die Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Klageeinrei-chung ausschließe, liege nach der Rechtsprechung zu § 691 Abs. 2 ZPO nur vor, wenn diese mehr als einen Monat andauere. In seinem Fall liege zwischen der Kenntnis von der Höhe des Gerichtskostenvorschusses und der Einzahlung aber nur ein Zeitraum von 25 Tagen. Im Übrigen gehe nur eine schuldhafte Verzögerung zu seinen Lasten. Er habe jedoch alles ihm Zumutbare und Mögliche getan, um den Vorschuss so schnell wie möglich aufzubringen.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 269.765,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte, die das angefochtene Urteil für richtig hält, bittet um Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil und den Akteninhalt Bezug genommen. Die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Düsseldorf 10 Js 295/04 und 111 Js 321/99 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II. Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Mit Recht hat das LG angenommen, dass die Beklagte leistungsfrei ist, weil der Kläger die Klagefrist (§ 12 Abs. 3 VVG) versäumt hat.

1. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 26.10.2004 eine Klagefrist gesetzt und ihm eine den Anforderungen des § 12 Abs. 3 S. 2 VVG genügende Rechtsbelehrung erteilt. Das Schreiben ist ihm unstreitig am 27.10.2004 zugegangen. Innerhalb der am 27.4.2005 endenden Frist ist die Klageschrift auch bei Gericht eingegangen. Dadurch wurde die Frist jedoch nicht gewahrt, da die Zustellung, die erst am 23.6.2005 (GA 15) stattfand, nicht mehr "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt ist.

Nach dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung soll die Partei vor Zustellungsverzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden, weil diese außerhalb ihres Einflussbereichs liegen. Zuzurechnen sind ihr jedoch Verzögerungen, die sie und ihr Prozessbevollmäc...

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