Leitsatz (amtlich)
1. Zulässige Nebenabreden einer anwaltlichen Honorarvereinbarung müssen diese ausschließlich und unmittelbar ergänzen.
2. Zur Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung.
3. Eine formularmäßige 15-Minuten-Zeittaktklausel verstößt wegen Benachteiligung des Mandanten gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB).
4. In Stundenabrechnungen enthaltene Leistungsbeschreibungen müssen dem Mandanten die Prüfung der anwaltlichen Tätigkeit ermöglichen.
Normenkette
BRAGO § 3; BGB §§ 138, 307
Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 07.10.2004; Aktenzeichen 3 O 141/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 7.10.2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Krefeld teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 6.862,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.11.2002 zu zahlen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Kläger zu 84 %, dem Beklagten zu 16 %, auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, der Beklagte leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.
Gründe
A. Der klagende Rechtsanwalt hatte auf Veranlassung des Beklagten ab Ende Juni 2001 anwaltliche Tätigkeiten entfaltet, die die vermögensrechtlichen Interessen des Beklagten betreffen. Dabei ging es um vier Komplexe:
Der Beklagte, der an der "N Société Civile Particulière" mit Sitz in P./Tahiti (künftig "N SC" genannt, vom Kläger für Abrechnungszwecke verwandtes Az. 01F5/064) zu einem Drittel als Gesellschafter beteiligt ist (Nominalwert 500.000 CFP-Franc), wollte seine Gesellschafterrechte, insb. auf Auskunft über die Verhältnisse der Gesellschaft, durchsetzen. Er hatte des weiteren aus zwei vollstreckbaren notariellen Urkunden gegen die "N Investments Holding Pte Ltd." mit Sitz in Singapur (künftig "N Ltd" genannt, Az. 01F1/105), bei der es sich um eine Tochtergesellschaft der "N SC" handelt, einen Kaufpreisanspruch i.H.v. (200.000 DM + 300.000 DM) 500.000 DM aus der Veräußerung seiner Geschäftsanteile an der R. Handelsgesellschaft B (künftig R-GmbH genannt), den er durchsetzen wollte. Der Beklagte verdächtigte ferner die H AG (Az. 01F1/098), sich an einem Subventionsbetrug u.a. zu Lasten der (seit dem 1.9.2000 insolventen) B. Re. GmbH (künftig B-GmbH genannt) beteiligt zu haben, deren Anteile von R-GmbH gehalten wurden, die in der Folge ebenfalls insolvent geworden sei. Dadurch sei ihm als Gesellschafter der R-GmbH (mit 50 % der Geschäftsanteile) von der H-AG ein Schaden in Millionenhöhe zugefügt worden. Schließlich ging es um einen Schadensersatzanspruch gegen Rechtsanwalt R. (Az. 01F1/099). Der Beklagte war vorübergehend Geschäftsführer der B-GmbH gewesen. Er warf Rechtsanwalt R. vor, ihn nicht darauf hingewiesen zu haben, dass seine Abberufung als Geschäftsführer der B-GmbH unwirksam gewesen sei, wodurch ihm Gehaltsansprüche entgangen seien.
Die Parteien streiten über Grund und Höhe der Vergütung, die der Kläger für seine Tätigkeiten beansprucht. Zum Anspruchsgrund verhalten sich zwei gleich lautende, vom Kläger vorformulierte und gestellte, mit "Honorarvereinbarung" überschriebene Vordrucke. Die eine Honorarvereinbarung vom 3.7.2001 unterzeichneten die Parteien, die andere der Kläger und die von dem Beklagten vertretene ZG MO S.A. mit Sitz in Luxemburg (künftig Z-S.A. genannt). Darin versprachen die Schuldner, "für laufende und zukünftige Mandate" an den Kläger (auch für die zurückliegende Zeit) ein Zeithonorar zu zahlen. Die Vereinbarungen enthalten u.a. folgende Einzelregelungen:
1. Stundensatz 450 DM [230,08 EUR] zzgl. MWSt, wobei jede angefangene Viertelstunde zur Abrechnung gelangt (künftig Zeittaktklausel genannt)
2. Gesamtabgeltung aller mandatsbezogenen Tätigkeiten mit dem vereinbarten Stundensatz, ausgenommen die Sonderleistungen gem. Nr. 3 und Nr. 4 der Honorarvereinbarung
3. Mindesthonorar in Prozessangelegenheiten in Höhe der gesetzlichen Vergütung
4. Auslagenersatz gem. §§ 25 ff. BRAGO
5. Hinweis darauf, dass das vereinbarte Zeithonorar die gesetzliche Vergütung unter- oder überschreiten kann und dass Erstattungsansprüche gegen Dritte nur bis zur Höhe des gesetzlichen Honorars reichen (künftig Hinweisklausel genannt)
6. Salvatorische Klausel
Der Kläger erteilte dem Beklagten und der Z-S.A. für die Monate Juni 2001 bis April 2002 über den (regelmäßig monatlich zusammengefassten) Zeitaufwand (in der Regel) monatliche Honorarabrechnungen, zu Beginn noch nicht, später getrennt nach den vier genannten Komplexen. Die Parteien streiten darüber, ob die Honorarabrechnungen zunächst dem Beklagten und erst dann der Z-S.A. (so der Kläger) oder in umgekehrter Reihenfolge (so der Beklagte) erteilt wurden. Mit Ausnahme einer von der Z-S.A. erbrachten Teilzahlung, deren Höhe der Kläger mit 39.959 DM (20.430,71 EUR) angibt, er...