Leitsatz (amtlich)

1. a) Kommt es aufgrund eines Behandlungsfehlers zu einer Infektion des Kniegelenks mit einer dauerhaften schmerzhaften Bewegungseinschränkung, kann dies im Einzelfall ein Schmerzensgeld von 20.000 DM rechtfertigen (hier: 65-jähriger Mann mit durch Verschleiß vorgeschädigten Gelenken, 7 Wochen stationäre Behandlung, mehrfache schmerzhafte Operationen erforderlich; zukünftig wird die Implantation einer Kniegelenksendoprothese und die Verwendung einer Gehhilfe erforderlich sein).

b) Die bei sonstigen unerlaubten Handlungen mitunter wesentliche Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes ist in Arzthaftungsprozessen regelmäßig von nur untergeordneter Bedeutung, da bei dem ärztlichen Handeln das Bestreben im Vordergrund steht, dem Patienten zu helfen und ihn von seinen Beschwerden zu befreien. Auch ein vermeintlich grober Behandlungsfehler rechtfertigt deshalb nicht ohne weiteres eine Erhöhung des Schmerzensgeldes.

2. a) Der Umfang des Haushaltsführungsschadens ist gem. § 287 ZPO mit einem Mindestbetrag zu schätzen, wenn der Geschädigte es versäumt, diejenigen Umstände vorzutragen und ggf. zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen. Dazu gehört die konkrete Darlegung, welche Tätigkeiten im Haushalt vor dem schädigenden Ereignis ausgeübt wurden und welche schadensbedingt nicht mehr ausgeübt werden können.

b) Der Geschädigte muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass Angehörige die Arbeiten mit erledigten zu denen er schadensbedingt nicht mehr in der Lage ist.

 

Normenkette

BGB §§ 247, 249, 276, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 113/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 23.8.2001 teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über den bereits zuerkannten Betrag von 3.492,12 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 1.8.1997 weitere 3.141,38 Euro nebst 4 % Zinsen aus 1.047,13 Euro seit dem 1.8.1997 und aus weiteren 2.094,25 Euro seit dem 23.4.1999 zu zahlen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers die Beklagten als Gesamtschuldner zu 55 %, der Beklagte zu 1) zu weiteren 9 % alleine und der Kläger zu 36 %; die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen dieser selbst zu 60 % und der Kläger zu 40 % und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) tragen dieser zu 71 % selbst und der Kläger zu 29 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Parteien wie folgt zu tragen:

Die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 13 % und der Kläger zu 87 %; die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen dieser selbst zu 10 % und der Kläger zu 90 % und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) tragen dieser zu 19 % selbst und der Kläger zu 81 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Der 1931 geborene Kläger nimmt die Beklagten, die eine orthopädische Gemeinschaftsklinik betreiben, auf Ersatz seiner materiellen Schäden – den ihn behandelnden Beklagten zu 1) auch auf Zahlung von Schmerzensgeld – wegen einer erlittenen Infektion des rechten Kniegelenks in Anspruch.

Der Kläger war schon seit 1987 immer wieder wegen diverser Beschwerden, u.a. Schmerzen in den Kniegelenken, die auf Verschleiß zurückzuführen waren, von dem Erstbeklagten behandelt worden. Am 29.1.1996 suchte er wegen derartiger Beschwerden den Beklagten zu 1) auf, der ihm nach Durchführung von Röntgenaufnahmen beidseitig je eine Spritze mit Volon A 40 mit 4 ml 1%igem Meaverin intraartikulär injizierte. Weitere Injektionen von Volon A 40 in das rechte Kniegelenk erfolgten am 8. und 15.2. sowie am 12. und 15.3.1996.

Am 18.3.1996 suchte der Kläger die Praxis der Beklagten erneut auf; in den Behandlungsunterlagen ist zum Schmerzzustand vermerkt: „nicht auszuhalten, viel schlechter …”. Festgestellt wurde ein Druckschmerz lateral und eine Rötung am Fibulaköpfchen. Der Beklagte zu 1) legte einen Rivanol-Verband an und verschrieb dem Kläger Antibiotika. Am 26.3.1996 wurden bei der Aufnahme des Klägers in das St. M. in R. ein Kniegelenkempyem sowie ein Weichteilinfekt festgestellt, hervorgerufen durch den Staphylokokkus aureus. Das Kniegelenk wurde mehrmals unter Narkose punktiert, revidiert und operativ behandelt und eine Drainage ins rechte Knie gelegt. Der Kläger litt an starken Wundschmerzen und durfte das Bett 14 Tage lang nicht verlasse...

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