Leitsatz (amtlich)
1. Der Steuerberater muss seinen Mandanten im Rahmen seines Auftrags umfassend beraten, ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Fragen unterrichten und möglichst vor Schaden bewahren. Ergibt sich die Möglichkeit, durch eine zulässige rechtliche oder tatsächliche Gestaltung oder Maßnahme steuerliche Nachteile zu vermeiden, so hat der Steuerberater dem Auftraggeber diese darzulegen und den geeigneten Gestaltungsvorschlag zu unterbreiten.
2. Über die Erteilung eines allgemeinen Hinweises hinaus ist der Steuerberater zur Ausarbeitung von aufwendigen Einzelheiten – hier der Durchführung des sog. „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens zur Reduzierung der Körperschaftsteuer – i.d.R. nicht verpflichtet.
3. Ist Mandantin eine GmbH, so hat der Steuerberater eine ihn treffende Aufklärungspflicht durch Hinweise gegenüber dem Geschäftsführer zu erbringen. Eine Verpflichtung dazu, darüber hinaus die Angelegenheit in der Gesellschafterversammlung oder einem Beirat zur Sprache zu bringen, trifft den Steuerberater auch dann nicht, wenn er selbst Mitgesellschafter der GmbH ist.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 529/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 23.11.2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.d. jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerinnen machen gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Verletzung von Pflichten aus einem Steuerberatervertrag geltend.
Die Klägerin zu 2) ist zu 100 % eine Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1) Gesellschafter der Klägerin zu 1) sind zu 99,4 % die R., im Übrigen neben zwei weiteren Gesellschaftern auch der Beklagte. Der Beklagte ist Steuerberater und war bis August 1999 steuerberatend für die Klägerinnen tätig.
Mit der Klage machen die Klägerinnen die Nachteile geltend, die ihnen nach ihrer Berechnung bei der Zahlung der Körperschaftssteuer für die Jahre 1993 und 1994 entstanden sind, weil in dieser Zeit das sog. „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahren nicht angewandt wurde. Bei diesem Verfahren wird durch die Ausschüttung von Gewinn durch die Gesellschaft an die Gesellschafter eine Reduzierung des Körperschaftssteuersatzes erzielt („Schütt-aus”) und der Gesellschaft anschließend die ausgeschütteten Mittel durch die Gesellschafter wieder zur Verfügung gestellt („Hol-zurück”). Dabei wird die Klage nur auf unterbliebene Ausschüttungen durch die Klägerin zu 2) an die Klägerin zu 1), nicht auch auf solche im Verhältnis der Klägerin zu 1) an die Rottendorf-Stiftung gestützt. Gewinnausschüttungen gab es weder 1993 noch 1994 noch in den Folgejahren bis 1999.
Die Klägerinnen haben behauptet, der Beklagte habe es seinerzeit pflichtwidrig unterlassen, sie auf die Möglichkeit dieses Verfahrens hinzuweisen, wodurch ihnen Vorteile i.H.d. Klageforderung entgangen seien.
Die Klägerinnen haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 178.999,72 DM und an die Klägerin zu 2) 65.092,09 DM nebst jeweils 6 % Zinsen seit dem 1.12.1999 aus 146.122,22 DM an die Klägerin zu 1) und aus 496.815,53 DM an die Klägerin zu 2) zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, er habe in Gegenwart seines Mitarbeiters S. dem damaligen Geschäftsführer der Klägerinnen, den Zeugen Dr. F., im Frühjahr 1994 auf die Möglichkeit des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens hingewiesen. Dr. F. habe die Durchführung dieses Verfahrens allerdings wegen der ungewissen steuerlichen Behandlung der damaligen liquiden Mittel, die überwiegend aus Versicherungsleistungen wegen eines Brandschadens bestanden, nicht gewünscht. Im Übrigen hat er vorgetragen, den Klägerinnen sei das Verfahren bereits bekannt gewesen. Schließlich hat der Beklagte sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme und Vernehmung der Zeugen Dr. F. und S. mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte sei seinen Hinweispflichten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in ausreichendem Umfang nachgekommen.
Gegen die Klageabweisung richtet sich die Berufung der Klägerinnen, mit der sie ihre Schadensersatzansprüche weiter verfolgen. Sie tragen zur Begründung vor, der Beklagte habe seine Pflichten als Steuerberater dadurch verletzt, dass er die Klägerinnen nicht auf die Möglichkeit des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens und die damit verbundenen Steuerersparnisse belehrt habe. Das LG habe die Beweisaufnahme unzutreffend gewürdigt; ein Hinweis durch den Beklagten bzw. dessen Mitarbeiter sei nicht erfolgt. Jedenfalls müsse die Beweisaufnahme wiederholt werden, weil die Aussage des Zeugen Dr. F. unrichtig protokolliert worden sei. Der Beklagte hätte sich im Ü...