Leitsatz (amtlich)
1. Der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB ist nach dem seit Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht gem. § 1578 b Abs. 2 BGB grundsätzlich befristbar. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Unterhaltsberechtigten ist im Rahmen der nach § 1578 b BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, steht einer Befristung jedoch grundsätzlich nicht entgegen.
2. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Unterhaltsberechtigten ist nicht allein deshalb als ehebedingter Nachteil (i.S.d. § 1578 b BGB) anzusehen, weil die Erkrankung während der Ehe ausgebrochen ist und nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihr Ausbruch und Verlauf durch den unglücklichen Verlauf der Ehe begünstigt wurde.
3. Ein ehebedingter Nachteil liegt jedoch vor, wenn sich die Versorgungslage des Unterhaltsberechtigten im Krankheitsfall durch die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse verschlechtert hat. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund seiner Erwerbsabstinenz während der Ehe die Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt.
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Entscheidung vom 18.03.2008) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 18.3.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Oberhausen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 17.11.2006 bis zum 30.09.2008 in Höhe von 5.014,55 EUR und laufenden monatlichen Unterhalt für die Zeit von Oktober 2008 bis (einschließlich) November 2011 in Höhe von 251,67 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den erstinstanzlichen Kosten werden der Klägerin 30 % und dem Beklagten 70% auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.231,77 EUR.
Gründe
I.
Die Parteien , die am 12.08.1982 die Ehe miteinander geschlossen haben, seit Herbst 2004 voneinander getrennt leben und seit dem 17.11.2006 rechtskräftig geschieden sind, streiten um nachehelichen Unterhalt, den die Klägerin aus rückabgetretenem Recht geltend macht. Aus der Ehe ist der am 23.11.1983 geborene M. Z. hervorgegangen.
Die Klägerin leidet unter einer schweren rezidivierenden depressiven Erkrankung und einer Alkoholabhängigkeit. Sie wurde nach mehreren erfolglosen Entgiftungsbehandlungen im Januar 2006 in den Katholischen Kliniken O. stationär behandelt, befindet sich seit dem 20.03.2006 in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung und unterzog sich in der Zeit von Juli bis November 2007 einer Suchttherapie im St. C. Krankenhaus D.. Das Vormundschaftsgericht hat der Klägerin mit Beschluss vom 25.10.2006 eine Betreuerin bestellt.
Die Klägerin ist gelernte Verkäuferin, hat bis Mai 1973 in ihrem Beruf gearbeitet und war anschließend - mit kurzen Unterbrechungen - bis zur Geburt des Sohnes in einer Fabrik als Arbeiterin tätig. Nach der Geburt des Sohnes war die Klägerin bis zum 17.04.1999 nicht erwerbstätig und war anschließend - mit Unterbrechungen vom 17.05.1999 bis zum 07.05.2000 und vom 07.06.2000 bis um 30.09.2000 - in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen bis zum 15.04.2004 geringfügig beschäftigt.
Ausgehend von einem unstreitigen Einkommen des Beklagten in Höhe von 1.317,51 EUR - 65,88 EUR = 1.251,67 EUR verlangte die Klägerin erstinstanzlich rückständigen Unterhalt für die Zeit von November 2006 bis Juni 2007 in Höhe von 1.963,95 EUR und laufenden monatlichen Unterhalt ab Juli 2007 in Höhe von 256,67 EUR.
Das Amtsgericht hat der Klägerin rückständigen Unterhalt für die Zeit bis Juni 2007 in Höhe von 1.454,69 EUR und laufenden Unterhalt in monatlicher Höhe von 193 EUR für die Zeit von Juli 2007 bis November 2009 und 100 EUR für die Zeit von Dezember 2009 bis November 2011 zugesprochen. Der Klägerin sei ein fiktives Einkommen von 800 EUR zuzurechnen, weil sie mutwillig davon abgesehen habe, frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und deshalb so zu behandeln sei, als habe sie ihre Arbeitsfähigkeit erfolgreich wieder hergestellt. Der Unterhalt von zunächst (1.251,67 EUR - 800 EUR) x 3/7 = (rund) 193 EUR sei gemäß § 1578 b BGB ab Dezember 2009 auf 100 EUR herabzusetzen und bis einschließlich November 2011 zu befristen, da ehebedingte Nachteile nicht ersichtlich seien und dies auch unter Berücksichtigung der Ehedauer der Billigkeit entspreche.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Kürzung und Befristung ihres Unterhaltsanspruchs. Sie bestreitet, ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt zu haben und bis mindestens 2004 noch in der Lage gewesen zu sein, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen; sie habe sich bereits während der Ehe mehreren Entgiftungsbehandlungen unterzogen, sei jedoch konflikt- und belastungsbedingt immer wieder in Alkoholexzesse geflüchtet.
Auch die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung auf drei Jahre sei nicht gerechtfertigt, da sie - die Kläg...