Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 11 O 246/18) |
Tenor
Die Rechtsmittel der Parteien gegen das Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Mönchengladbach vom 12. Juni 2019 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 51.886,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2018 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Porsche Cayenne Diesel, FIN ... verurteilt wird.
Von den Gerichtskosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 1/10 % und die Beklagten 9/10 als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagten zu 9/10 als Gesamtschuldner zu tragen, diejenigen der Beklagten trägt der Kläger zu 1/10. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht dieser vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten Minderungsansprüche des Klägers aus einem Kaufvertrag über einen Seat Porsche Cayenne, den der Kläger am 19. Februar 2016 von der Beklagten zu 1) zum Preis von 70.754,19 EUR erwarb. In dem PKW ist ein Dieselmotor des Herstellers Audi 3.0 l EU 6 verbaut.
Das Landgericht, auf dessen Tatbestand gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO verwiesen wird, hat die Beklagte zu 1) zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Fahrzeuges nebst Zinsen unter Anrechnung von Nutzungsersatz verurteilt, den Annahmeverzug der Beklagten zu 1) sowie die Ersatzpflicht der Beklagten zu 2) für Schäden festgestellt, die aus der Manipulation der Abgas- und Motorsteuerungssoftware und der damit in Zusammenhang stehenden Auswirkungen für das Fahrzeug resultieren, und die Beklagten als Gesamtschuldner zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt.
Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihre erstinstanzlichen Ziele weiter.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
teilweise abändernd den Beklagten zu verurteilen,
1. den zuerkannten Zahlungsantrag um einen geringeren Nutzungsersatz zu verringern und den Zinslauf am 5. Mai 2018 beginnen zu lassen,
2. die Beklagten jeweils einzeln zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 3.169,34 EUR freizustellen
3. die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sinngemäß,
teilweise abändernd die Klage insgesamt abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
B. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist unbegründet.
I. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 ff. BGB zu.
1.Das Fahrzeug des Klägers eignete sich bei Gefahrübergang und zum Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens wegen der Abgasmanipulationen nicht für die gewöhnliche Verwendung, so dass es gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelhaft war (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Mai 2019, 13 U 144/17). Das Fahrzeug war Gegenstand des Rückrufs des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 22. Januar 2018 (Referenznummer 7256). Dort ist von einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Rede, deren Entfernung im Rahmen einer Rückrufaktion durch das Kraftfahrt-Bundesamt überwacht werde. Der Streit über das "Thermofenster" kann hiernach auf sich beruhen.
2.Das Setzen einer ausreichend bemessenen Frist zur Nachbesserung war gem. § 440 S. 1 Fall 3 BGB entbehrlich. Dem Kläger war es im Streitfall nicht zuzumuten, der Beklagten zu 1) vor Erklärung des Rücktritts eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen, da die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung (Nachbesserung) infolge des zerstörten Vertrauensverhältnisses zu dem einzig zur Nachbesserung fähigen Hersteller des Motors unzumutbar ist, § 440 Satz 1 Fall 3 BGB (vgl. u.a.. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 17 U 4/18 -, juris, m.w.N.).
3. Der Rücktritt ist nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels ausgeschlossen (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Das Argument, die Mangelbeseitigung erfordere nur ein Softwareupdate und koste fast nichts, greift im Rahmen der vom Senat umfassend durchgeführten Interessenabwägung zu kurz. Allein der gegenwärtige allgemeinkundige Wertverfall von Dieselfahrzeugen - auch wenn diese das Softwareupdate erhalten haben - macht den Mangel erheblich. Hinzu treten die Risiken von höherem Verbrauch und späteren Motorschäden, wenn die Gewährleistung des Herstellers nicht mehr greift. Die Beteiligung des KBA an dem Update hat hierauf keinen Einfluss. Das gilt auch für die Frage eines Vertrauensverlustes.
4. Die Beklagte zu 1) befindet sich auch im Annahmeverzug.
Der Käufer hat ein rechtliches Interesse an der Fe...