Verfahrensgang

LG Wuppertal (Entscheidung vom 18.04.2007)

 

Gründe

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Nach vorausgegangener Ausschreibung bestellte die Klägerin mit Schreiben vom 11.4.2002 bei der ARGE B. W., bestehend aus der Firma N. & H. GmbH & Co. sowie der Firma Stahlbau I. GmbH, die Lieferung und Montage der Haltestelle und Hofanlage V. für die W. Schwebebahn. Der Auftrag hatte ein Gesamtvolumen von 12.116.135,02 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Es war vereinbart, dass die ARGE auf die Vergütungsansprüche einen Nachlaß in Höhe von 1,25 % gewährt und weiter ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % erfolgt. Weiter war die Geltung der VOB/B in der zum Zeitpunkt des Zuschlags gültigen Fassung vereinbart. Der Vertrag sollte mit Vorliegen einer von der ARGE zu stellenden Vertragserfüllungsbürgschaft gültig werden.

Im Hinblick auf diese Bürgschaft war in § 9 Unterpunkt 9.1 der einbezogenen Besonderen Vertragsbedingungen (§ 9.1 BVB) Folgendes geregelt:

"Als Sicherheit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung, Gewährleistung und Schadensersatz, sowie auf die Erstattung von Überzahlung einschließlich der Zinsen (Vertragserfüllung) hat der Auftragnehmer eine Bürgschaft gem. dem Muster (Anlage D zu den Besonderen Vertragsbedingungen) in Höhe von 5 von Hundert der Auftragssumme einschließlich der Nachträge zu stellen."

In dem beifügten und mit dem Zusatz "(Vertragserfüllungsbürgschaft)" gekennzeichneten Muster hieß es u.a.:

"Auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gem. §§ 770, 771 BGB wird verzichtet."

In § 17 der ebenfalls einbezogenen zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) war eine Vertragsstrafe für Fristüberschreitung i.H.v. 0,3 % der Nettozwischenabrechnungssumme für den betreffenden Abschnitt für jeden Werkvertrag der Fristüberschreitung bestimmt. In Unterpunkt 6 hieß es weiter:

"Die Vertragsstrafe beträgt max. 10 % der Netto-Abrechnungssumme bei Zwischenterminen für die Netto-Abrechnungssumme für den betreffenden Bauabschnitt, bei Schlussfertigstellung maximal 10 % der Netto-Abrechnungssumme für das Gesamtvorhaben."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Auftrag und die zugehörigen Bedingungen sowie die Leistungsbeschreibung und das Leistungsverzeichnis (Anlagen K 8 und K 9, Bl. 635 Anlagenband und die Anlage K 13, zwei gesonderte Aktenordner), insbesondere auf § 17 der ZVB (Bl. 52 Anlagenband) und § 9 BVB (Bl. 69 Anlagenband) sowie das Bürgschaftsmuster (Bl. 84 Anlagenband) Bezug genommen.

Unter dem 19.6.2002 übernahm die Beklagte die geforderte Bürgschaft auf dem vorbeschriebenen Muster bis zu einem Betrag in Höhe von 598.300 EUR (Bl. 4 GA).

Neben dem streitgegenständlichen Auftrag fanden Baumaßnahmen auch bezüglich anderer Haltestellen der W. Schwebebahn statt bzw. waren solche geplant. Hinsichtlich der aus zwei separaten Bauabschnitten bestehenden Baumaßnahmen an der Haltestelle A. M. war der Auftrag für den ersten Abschnitt bereits am 1.12.2002 an die Firma R. GmbH erteilt worden war. Infolge der insoweit durchgeführten Arbeiten war es zwingend erforderlich, den Bahnsteig an neue Trassenhöhen anzugleichen. Mit Schreiben vom 13.5.2003 versandte die Klägerin die Bekanntmachung für das Bietverfahren hinsichtlich der insoweit durchzuführenden Arbeiten und mit Schreiben vom 17.6.2003 die Ausschreibungsunterlagen an die potentiellen Bieter. Nach dem Submissionstermin am 16.7.2003 hat die Klägerin am 11.9.2003 die Firma M. mit den Arbeiten zur Angleichung des Bahnsteigs an die neuen Trassenhöhen beauftragt. Bestandteil der Vertragsunterlagen war das gleiche Muster für eine Vertragserfüllungsbürgschaft, wie es bei dem streitgegenständlichen Auftrag an die ARGE verwandt worden ist. Die Mitarbeiter der Klägerin kannten bis zur Auftragserteilung ein zwischenzeitlich ergangenes Urteil des BGH vom 16.1.2003 (Az.: IX ZR 171/00) nicht. Nach einem Hinweis eines Auftragnehmers auf die geänderte Rechtsprechung nahmen die Mitarbeiter der Klägerin im Jahr 2004 eine Änderung des Musters in der Weise vor, dass der Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des Hauptschuldners gelte (Bl. 316 Anlagenband). Abgesehen von dem im Jahr 2003 an die Firma M. erteilten Auftrag wurden in der Zeit von Januar 2003 bis zur Änderung des Bürgschaftsmusters keine Aufträge unter Verwendung des streitgegenständlichen Bürgschaftsmusters erteilt.

Nach Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der ARGE wurde über das Vermögen der Firma N. & H. GmbH & Co. das Insolvenzverfahren eröffnet, welches zum Ausschluss derselben aus der ARGE führte. Der Vertrag mit der Klägerin wurde durch die Firma Stahlbau I. GmbH alleine weitergeführt.

Die Klägerin zahlte auf Abschlagsrechnungen der Beklagten insgesamt 4.469.467,55 EUR.

Am 1.12.2003 wurde über das Vermögen der Firma Stahlbau I. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet u...

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