Leitsatz (amtlich)

1. Der Bürge kann sich auch dann gem. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB mit Erfolg auf die Verjährung der Hauptschuld berufen, wenn über das Vermögen der Hauptschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet wird und die Verjährung der Hauptschuld erst im verlauf der gegen den Bürgen erhobenen Klage eintritt.

2. Zur Berechnung der Verjährungsfrist bei einer in 2001 entstandenen Schadensersatzforderung wegen der von der Hauptschuldnerin zu verantwortenden vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses.

3. Die Klage gegen den Bürgen hemmt nicht den Lauf der Verjährung für die Hauptforderung.

 

Normenkette

BGB § 768

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 01.02.2005; Aktenzeichen 2b O 126/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1.2.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2b Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage aus einer Bürgschaft auf Ausgleich des ihm entstandenen Differenzmietschadens in Anspruch.

Der Kläger vermietete mit Vertrag vom 23.12.1994 (Bl. 12 f GA) für die Zeit bis zum 30.9.2009 an die Firma A. ein Gewerbeobjekt in Ö. zu einem monatlichen Mietzins von 25.520 DM einschließlich Nebenkosten und Umsatzsteuer. Mit Bürgschaftserklärung vom 6.7.1995 (Bl. 24 GA) übernahm die Beklagte die selbstschuldnerische Bürgschaft zur Sicherung der Ansprüche des Klägers auf Zahlung des Mietzinses aus dem Mietvertrag bis zu einem Höchstbetrag von 500.000 DM. Seit Oktober 2000 blieben Mietzahlungen der Mieterin aus. Mit Beschluss des AG Chemnitz vom 1.3.2001 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger vermietete das Objekt mit Vertrag vom 5.7.2001 (Bl. 184 f. GA) mit Wirkung zum 1.10.2001 anderweit an die Firma A-GmbH zu einem Mietzins von zunächst 9.280 DM brutto. Er vereinbarte mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma A. die Beendigung des mit Vertrag vom 23.12.1994 eingegangenen Mietverhältnisses zum 30.9.2001 (Bl. 230 GA). Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde das Mietobjekt im Einvernehmen des Klägers an den Nachfolgemieter übergeben.

Der Kläger nahm die Beklagte aus der Bürgschaft auf Zahlung des rückständigen Mietzinses bis einschließlich September 2001 in Anspruch. Die Beklagte wurde mit Urteil des LG Berlin vom 25.4.2002 i.V.m. dem Erkenntnis des KG vom 10.2.2003 (Bl. 45 f GA) zur Zahlung von 118.478,68 EUR nebst Zinsen - allerdings nur Zug um Zug gegen Rückgabe der Bürgschaftsurkunde - verurteilt.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger von der Beklagten als Bürgin den Ausgleich des Differenzmietschadens für die Monate Oktober bis Dezember 2002 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe der Bürgschaftsurkunde.

Er hat im wesentlichen geltend gemacht: Die Bürgschaft sichere auch Mietersatzansprüche. Demzufolge habe die Beklagte auch für sich aus dem Mietverhältnis mit der Firma A. ergebende - Nutzungsentschädigungs- und Schadensersatzansprüche einzustehen. Gegen die Hauptschuldnerin bestehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Differenzmiete zwischen dem mit ihr vereinbarten monatlichen Mietzins von 25.520 DM und der mit der Nachfolgemieterin vereinbarten Miete von monatlich 9.280 DM wegen der vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages, für die Monate Oktober bis Dezember 2002 mithin i.H.v. 24.910,14 EUR.

Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, dass sich die Bürgschaft nur auf Mietzinsforderungen erstrecke und es wegen der Aufhebung des Mietvertrages zum 30.9.2001 an einer Hauptschuld fehle. Zudem hat sie sich auf die Verjährungseinrede berufen (Bl. 241 GA).

Wegen des Weiteren Parteivorbringens, der gestellten Anträge und der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 246 f. GA) verwiesen.

Das LG hat die Beklagte nach Beweisaufnahme antragsgemäß verurteilt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 253 f. GA) Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, die die Klage nach wie vor abgewiesen wissen will. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen nach Maßgabe der Berufungsbegründung (Bl. 280 f. GA).

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bittet um Zurückweisung der Berufung. Auch er wiederholt und vertieft mit der Berufungserwiderung (Bl. 314 f. GA) sein Vorbringen erster Instanz.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

1. Es kann offen bleiben, ob die von der Beklagten übernommene Bürgschaft vom 6.7.1995 für die Mietzinsen aus dem von dem Kläger mit der Firma A. am 23.12.1994 geschlossenen Mietvertrag auch Ansprüche auf Nutzungsentschädigung und Schadenser...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge