Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbberechtigung
Leitsatz (redaktionell)
Es liegt eine schuldhafte Verletzung des Sparvertrages mit der Erblasserin vor, wenn die Bank das Sparguthaben an einen Nichtberechtigten auszahlt, ohne sich zuvor über seine Erbberechtigung durch Vorlage eines Erbscheins zu versichern.
Normenkette
KWG § 22 Abs. 1; BGB § 808 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 24.08.1993; Aktenzeichen 6 O 120/93) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.08.1993 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 186.422,50 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 15.03.1992 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 245.000 DM abzuwenden, falls nicht der Kläger vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Der Kläger nimmt als Alleinerbe seiner am 21.01.1990 verstorbenen Schwester T. R. geb. L. (folgend: Erblasserin) die beklagte Bank, die früher als Kundenkreditbank firmierte, auf Auszahlung von Sparguthaben und aus Sparzertifikaten der Erblasserin in Anspruch.
Die Erblasserin unterhielt bei der Beklagten ein Sparkonto, das bei ihrem Tode ein Guthaben von 112.276,00 DM aufwies. Außerdem hatte die Erblasserin am 25.02.1988 ein KKB-Sparzertifikat über 30.000 DM mit einer Kündigungsfrist von 9 Monaten und am 07.07.1988 ein weiteres KKB-Sparzertifikat über 40.000 DM mit gesetzlicher Kündigungsfrist gezeichnet (14, 15 GA).
Die Erblasserin lebte seit Jahren in eheähnlicher Lebensgemeinschaft mit dem verwitweten P.-W. B. zusammen. Dieser hatte mit seiner vorverstorbenen Ehefrau im Jahre 1966 einen Erbvertrag geschlossen, in dem sich die Eheleute B. wechselseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden und ihre drei gemeinsamen Kinder zu Erben des Letztlebenden einsetzten. Am 06.06.1989 und am 15.09.1989 errichteten die Erblasserin und ihr Lebensgefährte P.-W. B. ebenfalls notarielle Erbverträge, in denen sie sich gegenseitig, und zwar der Erstversterbende den Letztversterbenden zum Alleinerben ihres gesamten Nachlasses einsetzten. Im Erbvertrag vom 15.09.1989 bestimmten sie ohne vertraglich bindende Wirkung als Erben des Längstlebenden zu gleichen Teilen den Sohn des Erblassers P.-J. B. und den Bruder der Erblasserin K.-H. L., also den Kläger (7 – 9 GA). Der letztgenannte Erbvertrag wurde am 20.03.1990 – also etwa zwei Monate nach dem Tode der Erblasserin – durch das Amtsgericht Eschweiler als Nachlaßgericht eröffnet.
Zuvor, nämlich am 18.03.1990, war auch der Lebensgefährte der Erblasserin P.-W. B. verstorben.
Das Amtsgericht Eschweiler hat in der Nachlaßsache des P.-W. B. (AZ: …) inzwischen mit der Begründung, die von der Erblasserin mit ihrem Lebensgefährten P.-W. B. abgeschlossenen Erbverträge vom 06.06.1989 und 15.09.1989 seien im Hinblick auf den von P.-W. B. mit seiner vorverstorbenen Ehefrau im Jahre 1966 abgeschlossenen Erbvertrag unwirksam, soweit sie seine letztwillige Verfügung zum Gegenstand haben, dem Kläger am 09.01.1991 einen Erbschein erteilt, wonach er seine Schwester allein beerbt hat. Den Antrag des P.-J. B. (Sohn des P.-W. B.) auf Einzug und Kraftloserklärung dieses Erbscheins hat das Nachlaßgericht durch Beschluß vom 20.02.1992 (AZ: …) mit der Begründung zurückgewiesen, da die letztwilligen Verfügungen des P.-W. B. unwirksam seien, seien es auch die der Erblasserin (10 – 12 GA).
Nach dem Tode der Erblasserin suchte am 16.02.1990 Frau H. B., die Schwiegertochter des Lebensgefährten der Erblasserin (folgend: Schwiegertochter), die kontoführende Zweigstelle der Beklagten auf. Sie legte den Erbvertrag vom 15.09.1989 und eine als „Generalvollmacht” überschriebene handschriftliche Erklärung vom 07.02.1990 vor, welche mit anderer Handschrift über den abschließenden Worten „mit freundlichen Grüßen” die zittrige Unterschrift „W. B.” trägt. Nach dem Inhalt der Erklärung durfte die Schwiegertochter über alle „Konten, Sparbücher (Kontoauszüge)” frei verfügen, Überweisungen und Abhebungen vornehmen (36 GA). Ob die Schwiegertochter auch die Sparzertifikate der Erblasserin vorlegte, ist streitig. Sie veranlaßte, daß am 16.02.1990 vom Sparkonto der Erblasserin ein Betrag von 112.270 DM auf das Sparkonto ihres Schwiegervaters P.-W. B. übertragen wurde.
Am 28.02.1990 wurde dem Sparkonto der Erblasserin aus einem der beiden Sparzertifikate ein Guthaben von 31.000 DM zuzüglich 1.472,50 DM Zinsen gutgeschrieben. Der Gesamtbetrag von 32.472,50 DM wurde noch am selben Tage auf das Sparkonto des P.-W. B. umgebucht.
Nachdem dieser am 18.03.1990 verstorben war, schrieb die Beklagte dem Spa...