Leitsatz (amtlich)
1. Die Verjährung eines vertraglichen Ersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat, beginnt regelmäßig mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids. Ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe umstritten, kann er grundsätzlich gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bestimmt werden. Der Nachweis über den Zeitpunkt der Aufgabe des Steuerbescheids zur Post kann durch amtliche Auskunft geführt werden. Diese ist der Bestimmung des Bekanntgabezeitpunkts zu Grunde zu legen, wenn nicht der Steuerpflichtige begründete Zweifel an ihrer Richtigkeit darlegt.
2. Der Steuerberater, der einem freiberuflich tätigen, nach § 18 Abs. 1 Nr. 1, S. 1 EStG nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Ingenieur empfiehlt, seine Tätigkeit als Gewerbe ins Gewerberegister eintragen zu lassen, und für ihn in den folgenden Jahren die Gewerbesteuererklärungen fertigt, begeht alljährlich eine erneute Pflichtverletzung. Jede weitere Gewerbesteuererklärung führt zur Sekundarhaftung, da sie ausreichender Anlass dafür ist, dass der Steuerberater über seine auf der früheren Pflichtwidrigkeit beruhende Haftung und die Verjährungsvorschrift hätte belehren müssen.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 407/99) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 10.7.2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 22.684 DM nebst 8,25 % Zinsen ab 23.12.1999 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern auch die künftigen, durch die Gewerbesteuererklärungen für 1993, 1994, 1996 und 1997 eintretenden Steuernachteile zu ersetzen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des 1. Rechtszuges fallen den Klägern zu 27 %, dem Beklagten zu 73 % zur Last.
Die Kosten des 2. Rechtszuges fallen den Klägern zu 57 %, dem Beklagten zu 43 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die freiberuflich tätigen Kläger betreiben seit 1991 in der Rechtsform der GbR ein Ingenieurbüro für gebäudetechnische Ausrüstungsverfahren. Mit ihrer am 10.12.1999 eingereichten Klage nehmen sie den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil er sie im Rahmen seiner steuerberatenden Tätigkeit veranlasst hat, ihre Tätigkeit als Gewerbe in das Gewerberegister der Stadt D. eintragen zu lassen und ihre Einkünfte der Jahre 1992 bis 1997 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern, obwohl sie nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG nicht der Gewerbesteuer unterlagen.
Das LG hat durch das angefochtene Urteil den Beklagten verurteilt, den Klägern die für die Jahre 1996 und 1997 abgeführte Gewerbesteuer nebst einen Zinsschaden i.H.v. insgesamt 90.179,75 DM zu erstatten. Die weitergehenden Ansprüche der Kläger auf Erstattung für die Jahre 1993, 1994 und 1995 gezahlter Gewerbesteuer hat das LG wegen Verjährung abgewiesen. Über das in der Klageschrift angekündigte Feststellungsbegehren hat das LG nicht entschieden.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger den abgewiesenen Teil ihres Leistungsantrags i.H.v. insgesamt 59.449 DM (= abgeführte Gewerbesteuer gem. den Bescheiden vom 25.1.1995 für 1993 i.H.v. 7.362 DM, vom 8.12.1995 für 1994 i.H.v. 15.322 DM und vom 26.11.1996 für 1995 i.H.v. 36.765 DM) sowie ihr Feststellungsbegehren weiter.
Hinsichtlich des Steuerbescheids für 1995 vom 26.11.1996 bestreiten sie dessen Bekanntgabe vor dem 10.12.1996 und darüber hinaus auch dessen Absenden vor dem 7.12.1996. Sie vertreten vorsorglich die Auffassung, die Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO sei nicht maßgeblich, außerdem sei die Verjährungseinrede angesichts des Schreibens der vom Beklagten eingeschalteten G. Versicherungs AG vom 24.11.1999 rechtsmissbräuchlich, schließlich habe der Beklagte in einem Anfang September 1999 geführten Gespräch seine Haftung in verjährungsunterbrechender Weise anerkannt, als er erklärt habe, er werde für die Schäden im Fall einer Falschberatung in Absprache mit seiner Versicherung einstehen.
Ihr Schadensersatzbegehren betr. die Jahre 1993 und 1994 stützen die Kläger auf Verletzung von sekundären Pflichten des Beklagten vor Verjährung ihrer primären Schadensersatzansprüche. Sie behaupten, den Beklagten mehrfach, insbesondere am 28.2.1997 und 24.4.1997 konkret auf die Gewerbesteuerproblematik angesprochen zu haben. Im Übrigen meinen sie, dass für den Beklagten jedes Jahr im Zusammenhang mit der Erstellung der Bilanzen und Steuererklärungen von neuem Anlass bestanden habe, ihre, der Kläger, Gewerbesteuerpflicht in Frage zu stellen.
Mit ihrem Feststellungsbegehren wollen die Kläger steuerliche Nachteile im Zusammenhang mit dem Erhalt der Schadensersatzleistung des Beklagten und dem damit verbundenen steuerlichen Progressionseffekt im Jahre 2000 bzw. später erfassen.
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere...