Leitsatz (amtlich)
1. Ein Steuerberatungsvertrag, der auch die Übernahme der Lohnbuchhaltung umfasst, verpflichtet den Steuerberater grundsätzlich nicht zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen.
2. Hat es der Steuerberater aber übernommen, Sozialversicherungsbeiträge selbständig zu berechnen, muss diese Berechnung richtig sein. Er schuldet dann nicht nur die Rechenoperation, sondern auch die Ermittlung von Grundlagen.
3. Eine veränderte Praxis der Sozialversicherungsträger bei der Berechnung der Beiträge (Übergang vom "Zufluss-" zum "Entstehungsprinzip") muss der Steuerberater jedenfalls dann beachten, wenn sie in den ihm zugänglichen allgemeinen Quellen, etwa den Informationsschreiben der BfA, bereits bekannt gemacht war. Eine genaue Beobachtung der Entwicklung der Rechtsprechung kann dagegen in sozialversicherungsrechtlichen Fragen nicht von ihm verlangt werden.
4. Die Pflicht des Steuerberaters beschränkt sich in diesem Fall darauf, bei entsprechenden Anhaltspunkten auf die Gefahr einer Änderung der Berechnung mit der Folge einer Überschreitung der Grenzen von Geringverdienerarbeitsverhältnissen hinzuweisen und ggf. konkret zu hinterfragen, ob der geschuldete Tariflohn auch tatsächlich gezahlt wurde. Der Steuerberater muss in diesem Fall nicht selbst die Arbeitsverträge anhand der Tariflöhne überprüfen. Er ist auch nicht verpflichtet, auf die Befolgung seines Rates zu drängen und den Nachdruck seiner Hinweise zu steigern, wenn sich der Mandant nicht aufgeschlossen zeigt.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 19.01.2007; Aktenzeichen 2 O 235/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.1.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Entscheidung des LG ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei und die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung, § 513 ZPO.
1. Das LG hat zu Recht davon abgesehen, das Verfahren gem. § 148 ZPO bis zur endgültigen Entscheidung über das Widerspruchsverfahren auszusetzen; eine solche Aussetzung kam auch in zweiter Instanz nicht in Betracht. Die Entscheidung über die Aussetzung liegt im Ermessen des Gerichts. Bei der Ermessensausübung sind der voraussichtliche Erfolg des Weiteren Verfahrens und die mit einer Aussetzung verbundene Verfahrensverzögerung gegeneinander abzuwägen (BGH, Beschl. v. 7.5.1992 - V ZR 192/91, NJW 1992, 1149, 1150). Unter diesen Gesichtspunkten ist die Entscheidung des LG nicht zu beanstanden. Die Beklagten hatten nämlich bereits erstinstanzlich ausgeführt, dass die Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens äußerst gering seien. Soweit der Bescheid zwischenzeitlich geringfügig abgeändert wurde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Mit der Berufungsbegründung wurde wiederum vorgetragen, dass nicht davon ausgegangen wird, dass weitere Abänderungen erfolgen werden, so dass das Widerspruchsverfahren als abschließend erledigt betrachtet werden kann. Bei dieser Sachlage spricht die oben dargestellte Abwägung gegen eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Abschluss des Widerspruchverfahrens.
2. Der unstreitige Anspruch des Klägers auf Zahlung seines Honorars ist nicht gem. § 389 BGB durch Aufrechnung erloschen. Den Beklagten steht ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Dienstvertrages nicht zu. Auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anwendbar, Art. 229 § 5 S. 1 BGB, da der Steuerberatungsvertrag unter der Geltung des alten Rechts geschlossen wurde und die hier streitigen Handlungen vor dem 1.1.2003 vorgenommen wurden.
a) Der Senat vermag schon nicht mit ausreichender Sicherheit festzustellen, dass der Kläger schuldhaft gegen die ihm ggü. dem Beklagten obliegenden Hinweis- und Beratungspflichten verstoßen hätte. Dies wirkt sich zu Lasten der Beklagten aus, denen für die anspruchsbegründenden Tatsachen, also auch für das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung, die Darlegungs- und Beweislast oblag.
aa) Der Senat geht weiterhin davon aus, dass vom Kläger jedenfalls vor dem Jahr 2000 keine Kenntnis von dem sozialversicherungsrechtlichen Problem des sog. "Phantomlohns" und einer eventuellen Änderung in der Verfahrensweise der Rentenversicherungen verlangt werden konnte. Daher bestand für ihn in den Jahren 1998 und 1999 keine Veranlassung, an der Richtigkeit der ihm von den Beklagten übermittelten Zahlen zu zweifeln bzw. diese zu hinterfragen und ggf. weitere Nachprüfungen anzustellen. Insofern wird auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 24.5.2007 verwiesen. Der Kläger musste in einem Gebiet, das nicht ...