Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4c O 56/16)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das am 20. Dezember 2016 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die einstweilige Verfügung vom 5. Oktober 2016 aufrechterhalten wird.

II. Die Verfügungsbeklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Nachdem die Verfügungsklägerin sowohl das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs als auch eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht hat, ist die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten. Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagten ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Unterlassungsanspruch nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 9 S. 2 Nr. 2 PatG zu. Die Verfügungsbeklagten wenden das durch das Verfügungspatent geschützte Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland an und machen damit von der technischen Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Neben dem deshalb gegebenen Verfügungsanspruch besteht auch ein Verfügungsgrund. Insbesondere bestehen entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf eine hinreichende Sicherung des Rechtsbestands des Verfügungspatents. Zudem hat die Verfügungsklägerin die Angelegenheit auch mit der nötigen Dringlichkeit behandelt.

1. Ob das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Recht bejaht hat, ist im Rechtsmittelzug nicht mehr zu überprüfen. Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Selbst wenn die Verfügungsklägerin die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf für den vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit "erschlichen" hätte, lassen sich daraus im zweiten Rechtszug im Hinblick auf § 513 Abs. 2 ZPO - hinsichtlich der vom Landgericht bejahten örtlichen Zuständigkeit - keine prozessualen Konsequenzen mehr ziehen. Die Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung und soll die Sacharbeit der ersten Instanz auch bei fehlerhafter Annahme der Zuständigkeit erhalten (vgl. BT-Drs 14/4722 S. 94; BGH, NJW 2005, 1660, 1662; Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 513 Rz. 6). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Vorinstanz ihre Zuständigkeit zu Unrecht bejaht oder ob der Kläger deren Zuständigkeit erschlichen hat. § 513 Abs. 2 ZPO schließt die Nachprüfung der vom Gericht erster Instanz angenommenen örtlichen Zuständigkeit durch das Berufungsgericht schlechthin, d.h. unter jedem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt, aus (vgl. Senat, Urt. v. 28.01.2010, Az.: I-2 U 131/08 - interframe dropping, BeckRS 2010, 14415; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218).

Nachdem der Verfügungsbeklagte zu 4) mit der als Anlage AG 33 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht hat, dass er seinen Hauptwohnsitz nach München verlegt hat, bestehen im Hinblick auf die auch im Berufungsverfahren stets von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit (BGH, NJW 2004, 1456; NJW 2005, 1660, 1662; Senat, Urt. v. 28.01.2010, Az.: 2 U 129/08 = BeckRS 2010, 16641; Urt. v. 05.05.2011, Az.: I-2 U 10/10 = BeckRS 2011, 20929; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218; BeckOK PatR/Voß, 4. Edition Stand 23.11.2016, PatG Vorbem. zu § 139 Rz. 62) keine Bedenken. Jedenfalls im maßgeblichen Verhandlungsschlusszeitpunkt war damit die Zuständigkeit deutscher Gerichte auch in Bezug auf den Verfügungsbeklagten zu 4) ohne Weiteres eröffnet (vgl. hierzu: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 261 Rz. 15).

2. Das Verfügungspatent, das EP 0 994 AAA, betrifft pränatale Detektionsverfahren unter Anwendung nicht-invasiver Techniken und im Besonderen die Pränataldiagnostik durch Detektieren fötaler Nukleinsäuren im Serum oder Plasma einer maternalen Blutprobe (Abs. [0001] der nach der Entscheidung der technischen Beschwerdekammer geänderten Verfügungspatentschrift).

Wie das Verfügungspatent einleitend ausführt werden bei herkömmlichen Screening-Methoden zum Nachweis fötaler Abnormalitäten und zur Geschlechtsbestimmung üblicherweise fötale Proben verwendet, die mittels invasiver Techniken, wie etwa einer Fruchtblasenpunktion und einer Chorionzotten-Probenentnahme, erhalten werden. Diese Techniken erfordern eine behutsame Handhabung und bergen einen gewissen Grad an Risiko für die Mutter und die Schwangerschaft (Abs. [0002]).

Daneben wurden Techniken zur Vorhersage von Abnormalitäten beim Fötus und möglichen Komplikationen während der Schwangerschaft entwickelt, bei denen maternale Blut- oder Serumproben zum Einsatz kommen. Drei häufig verwendete Marker sind dabei Alpha-Fötoprotein (AFP - von fötalem Ursprung), humanes Choriongon...

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