Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufige Deckungszusage bei Vollkaskoversicherung durch Versicherungsmakler

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Versicherer einem Makler Antragsformulare für Kfz-Versicherungen überlassen, auf denen der Makler den formularmäßig vorbereiteten vorläufigen Versicherungsschutz mit seiner Unterschrift als "Vermittler" erteilen kann und wiederholt - auch dem Antragsteller unter Aushändigung einer Doppelkarte - erteilt hat, und hat der Versicherer den entsprechenden Versicherungsbeginn stets mit der Policierung bestätigt, so hat der Versicherer für den Antragsteller in zurechenbarer Weise den Rechtsschein gesetzt, dass er den Makler zu solchen Zusagen auch bevollmächtigt hat, und muss für die vorläufige Deckung einstehen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 31.01.2003; Aktenzeichen 11 O 288/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 31.1.2003 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.893,50 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 23.9.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 66 % und der Kläger zu 34 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte auf Entschädigungsleistungen wegen des Verkehrsunfalls vom 28.10.2000 aus der abgeschlossenen Vollkaskoversicherung i.H.v. 9.893,50 Euro gem. §§ 1 Abs. 1 S. 1 VVG, 12 Nr. 1 Abs. 2 lit. e), 13 AKB.

1. Auch wenn die Beklagte den Versicherungsvertrag erst mit Wirkung ab 31.10.2000 abgeschlossen hat, so haftet sie für die bereits am 28.10.2000 entstandenen Unfallschäden an dem Pkw Jaguar aufgrund der von dem Versicherungsmakler O. am 12.10.2000 erteilten vorläufigen Deckungszusage, für die sie nach den Grundsätzen der Rechtsscheinvollmacht einzustehen hat.

Das LG hat zwar im Grundsatz zutreffend ausgeführt, dass ein Versicherungsmakler im Gegensatz zum Agenten Sachwalter des Versicherungsnehmers und als solcher ohne eine entsprechende Bevollmächtigung durch den Versicherer nicht zur Abgabe vorläufiger Deckungszusagen mit Wirkung für diesen berechtigt ist. Eine üblicherweise im Wege der Rahmenvereinbarung erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht der Beklagten hatte der Makler O. unstreitig nicht. Auch sind die Grundsätze der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung für den Versicherungsaußendienst (§§ 43 ff. VVG) grundsätzlich nur auf Agenten anwendbar.

Da allerdings auch unabhängige Versicherungsmakler im Einzelfall nicht selten von Versicherern zur Abgabe vorläufiger Deckungszusagen ermächtigt werden und es für den Versicherungsnehmer oft nur schwer erkennbar ist, ob er es mit einem Versicherungsagenten, einem im Einzelfall bevollmächtigten Makler oder einem nicht bevollmächtigten Makler zu tun hat, kann nach allgemeinen Grundsätzen auch eine Haftung des Versicherers für Erklärungen eines Versicherungsmaklers in Betracht kommen, wenn der Versicherer einen ausreichenden Rechtsschein für dessen Bevollmächtigung gesetzt hat und der Versicherungsnehmer darauf berechtigterweise vertrauen durfte.

Allerdings hat der BGH es im Rahmen der Rechtsprechung zur Wissenszurechnung nicht ausreichen lassen, dass der Makler Antragsformulare des Versicherers verwende und im Anschreiben an den Versicherungsnehmer ein entsprechender Betreuungsvermerk enthalten sei, um die Annahme zu rechtfertigen, dass der Makler wie ein Agent in die Betriebsorganisation des Versicherungsunternehmens eingebunden ist (BGH VersR 1999, 1481; a.A. noch OLG Hamm v. 6.5.1992 - 20 U 344/91, OLGReport Hamm 1993, 7, VersR 1992, 1462; v. 8.11.1996 - 20 U 247/95, VersR 1997, 1264). Ob eine Gleichbehandlung von Makler und Agent unter anderen Voraussetzungen in Betracht kommt, hat der BGH ausdrücklich offen gelassen.

In der Literatur wird dem Versicherer deshalb zur Vermeidung einer Haftung nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht empfohlen, auf den dem jeweiligen Vermittler überlassenen Antragsformularen für den Versicherungsnehmer erkennbar deutlich zu machen, ob der Vermittler als Agent oder Makler tätig werde und ob ihm die selbständige Abgabe von Deckungszusagen gestattet sei (Prölss/Martin/Kollhosser, VVG, 26. Aufl., § 43 Rz. 14; vgl. auch Langheid in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 43 Rz. 46).

Ob die Beklagte mangels eines solchen Hinweises für die vom Makler zugesagte vorläufige Deckung einstehen muss, kann dahinstehen. Die Beklagte haftet im Streitfall nämlich schon nach den allgemeinen Grundsätzen der Duldungsvollmacht. Der zurechenbare Rechtsschein einer Bevollmächtigung des Maklers ergab sich für den Kläger aus folgenden Anhaltspunkten:

a) Das von der Beklagten verwendete und dem Makler O., handelnd unter der Firma T.F., zur Verfügung gestellte Antragsformular (Original GA 115 ff...

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