Verfahrensgang
LG Fulda (Urteil vom 21.07.2015; Aktenzeichen 3 O 930/14) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers gegen das am 21.7.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Fulda wird als unzulässig verworfen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten Vertragsstrafe- und Unterlassungsansprüche geltend.
Das LG hat der Klage durch Urteil vom 21.7.2015 teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 27.7.2015 zugestellt worden (vgl. Band I Blatt 255 der Akten).
Am 24.8.2015 ist beim Oberlandesgericht per Telefax ein unter demselben Datum verfasster Berufungsschriftsatz eingegangen (vgl. Band II Blatt 258 der Akten), und am 28.9.2015 - ebenfalls per Telefax - ein Berufungsbegründungsschriftsatz vom selben Tag (vgl. Band II Blatt 267 der Akten).
Mit Schriftsatz vom 27.11.2015 (Band II Blatt 267 der Akten) hat der Beklagte beantragt, die Berufung zu verwerfen, weil die vorgenannten Schriftsätze nicht unterschrieben und daher gemäß § 130 Nr. 6 ZPO unwirksam seien. Selbst bei großzügiger Betrachtung lasse sich der nach oben hin offen gelassene Bogen nicht als Nachname des Prozessbevollmächtigten des Klägers deuten.
Mit Verfügung der Berichterstatterin vom 2.12.2015 (Band II Blatt 298 der Akten) hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, aus den im Schriftsatz des Beklagen vom 27.11.2015 ausgeführten Gründen bestünden Zweifel an Zulässigkeit der Berufung.
Daraufhin hat der Kläger mit am 22.12.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenem Telefax seines Prozessbevollmächtigten vom selben Tag beantragt, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach höchstrichterlichen Grundsätzen sei auch ein vereinfachter und unlesbarer Schriftzug als Unterschrift anzuerkennen, wenn er individuelle und charakteristische Merkmale aufweise. Dies sei bei seiner Unterschrift, die am Anfang ein "E" und am Ende ein "r" erkennen lasse, der Fall, zumal wenn diese über eine gedruckte Namensangabe gesetzt sei. Der die Schriftsätze vom 24.8. und 28.9.2015 abschließende Schriftzug werde von ihm seit Jahren verwendet, ohne dass es jemals Beanstandungen gegeben habe.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15.1.2016 bestritten, dass der Klägervertreter seit Jahren prozessleitende Schriftsätze unterschreibe wie die Schriftsätze vom 24.8. und 28.9.2015. Selbst im vorliegenden Rechtsstreit habe er bis vor kurzem noch so unterschrieben, dass zumindest Anfangs- und Endbuchstaben zu erahnen seien.
Hierauf hat der Klägervertreter entgegnet, er habe schon im ersten Rechtszug unbeanstandet so unterschrieben wie in seinen Schriftsätzen vom 24.8. und 28.9.2015. Er unterzeichne nach Tagesform und Arbeitsbelastung sehr unterschiedlich.
Wegen der Einzelheiten seiner Ausführungen wird auf die vorgenannten Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.
II.1. Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, war abzuweisen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt gemäß § 233 ZPO nur dann in Betracht, wenn ausgeschlossen werden kann (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.1998, NJW 1999, S. 429, [BGH 27.10.1998 - X ZB 20/98] juris Rn. 3 mit weiteren Nachweisen), dass der Kläger die Versäumung der am 29.8.2015 abgelaufenen Frist zur Einlegung der Berufung gegen das am 27.7.2015 zugestellte Urteil des LG Fulda durch ein vorwerfbares Fehlverhalten verursacht hat. Diese Feststellung ist jedoch nicht möglich.
a. Der Berufungsschriftsatz des Klägers vom 24.8.2015 ist nicht unterschrieben.
aa. Die Berufungsschrift muss als bestimmender Schriftsatz im Anwaltsprozess grundsätzlich von einem beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein (§ 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4 ZPO). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3.3.2015, VI ZB 71/14, juris Rn. 7 mit weiteren Nachweisen).
Nach der vom Senat geteilten Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. ebenda, Rn. 8) setzt eine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO genügende Unterschrift einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als ...