Entscheidungsstichwort (Thema)
Dieselskandal: Unsubtantiierter Vortrag zu Abschalteinrichtung bei Motor EA896 Gen2 in Audi Q5
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 10.06.2021; Aktenzeichen 29 O 382/20) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 10.06.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat der Kläger zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des Betrages leisten, dessen Vollstreckung sie betreiben.
Tatbestand
I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Pkw auf deliktischer Grundlage in Anspruch.
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 01.06.2015 von der Fa. A GmbH einen gebrauchten Pkw Audi Q5 3.0 V6 TDI, EURO 5, mit der Fahrgestellnummer ..., mit einer Laufleistung von 61.559 km zu einem Kaufpreis von 32.900,00 EUR brutto.
Die Beklagte zu 1.) ist Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs und auch des Motors des streitgegenständlichen Fahrzeugs. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein Motor vom Typ EA 896 verbaut.
Der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrug am 20.05.2021 157.095 km.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass der streitgegenständliche Motor durch die Beklagten mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet worden sei, einer Prüfstandserkennung anhand einer Zykluserkennung nach dem NEFZ und einem Thermofenster.
Die Beklagten haben behauptet, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ein Motor des Typs EA 896 Gen1 verbaut sei. Sie sind der Auffassung gewesen, dass eine sittenwidrige Schädigung durch die Beklagten nicht vorliege. Zudem fehle es an einer kausalen Täuschung sowie an einem vorsätzlichen Verhalten der Beklagten. Auch sei dem Kläger kein Schaden entstanden. Jedenfalls müsse sich der Kläger aber Nutzungsersatz anrechnen lassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger habe gegen die Beklagten keine Ansprüche gemäß § 826 BGB, §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 823 Abs. 1, 2 BGB, § 31 BGB bzw. § 166 BGB analog i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder § 831 BGB.
Hinsichtlich der Beklagten zu 2.) sei bereits zweifelhaft, ob diese passiv legitimiert ist. Die Beklagte zu 2.) sei weder Herstellerin des streitgegenständlichen Motors noch des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Dafür, dass der Beklagten zu 2.) der Wissensstand der Beklagten zu 1.) als konzernverbundenes Unternehmen zurechenbar sein soll, fehlten nach dem Vortrag des Klägers hinreichende Anhaltspunkte (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.12.2019, Az. 16 U 61/18). Letztlich könne dies jedoch offenbleiben, da in der Sache kein Anspruch bestehe.
Im Hinblick auf eine Haftung der Beklagten gem. § 826 BGB habe der Kläger seiner Darlegungslast nicht genügt.
Dass das gegenständliche Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweisen soll, stelle sich nach Auffassung des Gerichts gemessen an dem Klagevortrag als Behauptung ins Blaue hinein dar. In Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug werde kein konkreter Tatsachenvortrag dahingehend gehalten, was genau bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen soll. Der Vortrag des Klägers nehme lediglich Bezug auf andere Fahrzeugtypen der Beklagten, deren Vergleichbarkeit mit dem hier streitgegenständlichen Fahrzeug sich aus dem Klagevortrag nicht erschließe, da es sich insbesondere nicht, wie bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug, um EURO-5-Fahrzeuge handele.
Allein, dass ein Fahrzeug im Realbetrieb mehr Abgase ausstößt als auf dem Prüfstand des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), sei überdies kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung.
Die von dem Kläger vorgetragenen Messergebnisse zu Fahrzeugen mit dem streitgegenständlichen Motor und nahezu derselben Genehmigungsnummer vor und nach einem verfügbaren Softwareupdate seien ebenfalls nicht geeignet, um das Gericht von einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu überzeugen.
Soweit der Kläger rüge, dass in seinem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters verbaut worden sei, scheide eine Haftung der Beklagten bereits deswegen aus, da es an Anhaltspunkten für die Sittenwidrigkeit der behaupteten Schädigung fehle.
Daran ändere auch ein ggf. vorliegendes Verschweigen der Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen gemäß Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 durch die Beklagten gegenüber dem KBA während des Typengenehmigungsverfahrens nichts. Selbst wenn man ein - auch ein vorsätzliches - Verschweigen der Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen gegenüber dem KBA im Typengenehmigungsverfahren durch die Beklagten unterstelle, führe dies...