Leitsatz (amtlich)
Der Einwand unrichtiger Sachbehandlung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 GvKostG steht der Erhebung von Kosten für vorsorglich und ohne konkreten Anlass zur Verhaftung des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher mitgebrachte Privatpersonen als sog. "Verhaftungsgehilfen" zum Brechen von möglichem Widerstand wegen Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Regelung entgegen. Der Einwand unrichtiger Sachbehandlung kann auch der Erhebung von Kosten für eine Tätigkeit dieser Privatpersonen als Zeugen wegen unterbliebener Ausübung des Auswahlermessens nach § 62 Abs. 2 Satz 2 GVGA entgegenstehen.
Tenor
Die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Landgerichts Wiesbaden vom 17. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf: 30 EUR.
Gründe
I. Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid. Nach Erlass eines Haftbefehls gemäß § 802g ZPO forderte der zuständige Obergerichtsvollzieher den Schuldner mit Schreiben vom 11. März 2019 auf, zur Vermeidung der Verhaftung im Geschäftszimmer des Obergerichtsvollziehers zu erscheinen und dort die Vermögensauskunft abzugeben.
Da der Schuldner der Aufforderung nicht nachkam, suchte der Obergerichtsvollzieher den Schuldner am 25. April 2019 gegen 20:00 Uhr in seiner Wohnung auf. Dabei ließ er sich vorsorglich von zwei als "Verhaftungsgehilfen" bezeichneten männlichen Personen begleiten, mit denen er auf der als "Verhaftungsrunde" bezeichneten Fahrt mehrere Schuldner aufsuchte. Für den Fall, dass der Transport eines verhafteten Schuldners in die zuständige Justizvollzugsanstalt erforderlich würde, hatte der Gerichtsvollzieher veranlasst, dass ein Schlüsseldienstunternehmen u.a. eine Transportmöglichkeit bereit hielt.
Nachdem der Schuldner die Zahlung und die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert hatte, verhaftete der Obergerichtsvollzieher ihn. Hiernach gab der Schuldner die Vermögensauskunft ab.
Die Kosten für die beiden "Verhaftungsgehilfen" und die bereitgehaltene Transportmöglichkeit der "Verhaftungsrunde" stellte der Obergerichtsvollzieher den jeweiligen Gläubigern anteilig in Rechnung; im vorliegenden Fall waren dies - mit Rechnung vom 25.04.2019 - eine Gebühr nach KV 709 über 30,- EUR für die Hinzuziehung von zwei "Verhaftungsgehilfen" (jeweils 15,- EUR) und eine Gebühr nach KV 707 für "Transportkostenbereitstellung" über 20,- EUR.
Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2. Juni 2020 hat die Gläubigerin gegen den Ansatz dieser beiden Gebühren in Höhe von insgesamt 50,- EUR Erinnerung eingelegt. Sie hat u.a. geltend gemacht, dass die vorsorgliche Hinzuziehung von Verhaftungsgehilfen sowie eine vorsorgliche Bereitstellung eines Transportmittels für eine Vollstreckungsmaßnahme nicht von § 759 ZPO gedeckt sei.
Der zuständige Obergerichtsvollzieher hat zunächst mit Schreiben vom 02. Juli 2019 (Bl. 7 ff. d.A., nebst "Abrechnungsbeleg bzgl. Sammelrechnung für Auslagen" und Rechnung des Schlüsseldienstes) Stellung genommen. Mit Schreiben vom 08. Juni 2020 (Bl. 25 d.A.) hat er der Erinnerung nicht abgeholfen und seine Sonderakten an den Bezirksrevisor des Landgerichts Wiesbaden weitergeleitet. Ergänzend hat der Obergerichtsvollzieher mit Schreiben vom 16. Juni 2020 (Bl. 26 d.A.) zur Höhe der den "Verhaftungsgehilfen" gewährten Entschädigung Stellung genommen. Der Bezirksrevisor hat eine Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 20. August 2020 eingeholt. In dieser hat der Präsident u.a. die fehlenden Vollstreckungsversuche vor der Inanspruchnahme von Arbeitshilfen für ggf. zu erbringende konkrete Leistungen (Öffnung des Schlosses, Transport zur JVA) beanstandet. Wegen des weiteren Inhalts der Stellungnahme wird auf Bl. 34 ff. d.A. Bezug genommen.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat auf die Erinnerung der Gläubigerin mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 (Bl. 46 ff. d.A.) die Kostenrechnung insoweit abgeändert, dass Kosten in Höhe von 30,- EUR für die "Verhaftungsgehilfen" nicht erhoben werden. Insoweit hat es ausgeführt, dass das Gesetz eine Hinzuziehung von Verhaftungsgehilfen zur Widerstandsbrechung nicht vorsehe, so dass die von dem Obergerichtsvollzieher gewählte Verfahrensweise eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 7 GVKostG darstelle.
Das Amtsgericht hat die Beschwerde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG zugelassen.
Der Bezirksrevisor des Landgerichts Wiesbaden hat gegen den Beschluss des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt. Er hat beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers zu bestätigen. Zur Begründung hat er auf die Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 20. August 2020 verwiesen.
Das Landgericht hat die Beschwerde des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 17.12.2020 zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Kosten für die Hinzuziehung von Arbei...