Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbeachtlichkeit des Einwandes der Leistungsunfähigkeit im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Der von dem Beschwerdeführer erstmals im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand, er sei nicht leistungsfähig, ist gem. §§ 252 Abs. 3, 256 Satz 2 FamFG nicht mehr zu berücksichtigen.
2. Da die erhobene Beschwerde unzulässig ist, findet gegen den angefochtenen Beschluss die Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG statt.
Normenkette
FamFG § 252 Abs. 3, § 256 S. 2; RPflG § 11 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Vorlageverfügung des AG Wiesbaden wird aufgehoben.
Das Verfahren wird zur Entscheidung an das AG Wiesbaden zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 6.846 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Durch Beschluss vom 21.2.2011, dem Beschwerdeführer am 31.3.2011 zugestellt, hat das AG Wiesbaden auf Antrag des Jugendamtes Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren festgesetzt, nachdem der Beschwerdeführer trotz gewährten rechtlichen Gehörs keine Einwendungen erhoben hat.
Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 29.4.2011 bei dem AG eingegangenen Beschwerde und beruft sich auf seine nur geringfügigen Einkünfte.
Mit Verfügung vom 31.5.2011 wurde der Beschwerdeführer durch den Senat auf die Unzulässigkeit der erhobenen Beschwerde hingewiesen. Eine Beschwerderücknahme erfolgte nicht.
II. Die Beschwerde ist statthaft gem. §§ 256, 58 FamFG, 11 Abs. 1 RPflG. Sie ist form- und fristgerecht erhoben, §§ 63, 64 FamFG.
Sie ist jedoch im Übrigen unzulässig, denn eine Beschwerde gem. § 256 FamFG ist nur bei Vorliegen der in § 256 Satz 1 FamFG genannten Beschwerdegründe zulässig (OLG Hamm, Beschl. v. 2.2.2011 - 8 WF 251/10; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 23.6.2010 - 9 UF 45/10; Zöller-Phili, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rz. 3).
Die von dem Antragsgegner erstmals im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit können nicht mit der Beschwerde geltend gemacht werden.
Gemäß § 256 FamFG kann mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss neben der Unzulässigkeit des vereinfachten Festsetzungsverfahrens (§ 252 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FamFG), einer unrichtigen Berechnung des Unterhalts nach Zeitraum und Höhe (§ 252 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 FamFG) und einer Unrichtigkeit der Kostengrundentscheidung (§ 252 Abs. 1 S. 2 FamFG) oder Kostenfestsetzung lediglich geltend gemacht werden, dass das Familiengericht die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG unrichtig beurteilt habe.
Der von dem Beschwerdeführer erstmals im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand, er sei nicht leistungsfähig, ist gem. §§ 252 Abs. 3, 256 Satz 2 FamFG nicht mehr zu berücksichtigen.
Der Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit kann gem. § 252 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 FamFG nur geltend gemacht werden, wenn der Unterhaltspflichtige - noch bevor der Festsetzungsbeschluss durch das AG verfügt ist - zugleich unter Verwendung des eingeführten Vordrucks Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt. Die Beschwerde gegen einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss kann gem. § 256 Satz 2 FamFG nur auf eine eingeschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit (§ 252 Abs. 2 FamFG) gestützt werden, wenn diese Einwendungen jeweils bereits erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss verfügt war.
Hierauf wurde der Beschwerdeführer durch Verfügung des Senats vom 31.5.2011 ausdrücklich hingewiesen.
Da die erhobene Beschwerde unzulässig ist, findet gegen den angefochtenen Beschluss die Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG statt (BGH, Beschl. v. 28.5.2008 - XII ZB 104/06; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.6.2011 - 5 UF 139/11; Keidel, FamFG, § 256 Rz. 13). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG ist bei Entscheidung des Rechtspflegers, gegen die ein Rechtsmittel nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften nicht gegeben ist, die Erinnerung statthaft. Ein Rechtsmittel i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn es nicht statthaft ist oder wenn es zwar statthaft, aber unzulässig ist (BGH, a.a.O.).
Über die Erinnerung des Beschwerdeführers, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, hat gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 RPflG der Familienrichter des AG zu entscheiden, so dass die Vorlageverfügung der Rechtspflegerin aufzuheben und die Sache zur Entscheidung an das AG zurück zu verweisen war.
Von der Erhebung von Gerichtskosten war gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG abzusehen.
Der Beschwerdewert ergibt sich aus dem festgesetzten Unterhaltsrückstand sowie dem laufenden Kindesunterhalt.
Fundstellen
Haufe-Index 2943409 |
FamRZ 2012, 465 |
FamRB 2012, 314 |