Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Vollmacht zur Unterzeichnung von Gesellschaftsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Vollmacht zur Unterzeichnung eines Gesellschaftsvertrages einer Ein-Personen-GmbH durch einen Bevollmächtigten und zur Rechtsfolge der unheilbaren Nichtigkeit der Abgabe der Gründungserklärung durch einen Vertreter ohne Vertretungsvollmacht in diesem Fall.
Normenkette
GmbHG § 2 Abs. 2; BGB § 180 S. 1, § 141
Verfahrensgang
AG Fulda (Beschluss vom 07.05.2015) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer statthaften und zulässigen Beschwerde vom 18.5.2015, auf die Bezug genommen wird (Bl. 16 der Akte), gegen den Beschluss des Registergerichts vom 07.5.2015 (Bl. 9 der Akte), mit dem das Registergericht die Anmeldung vom 28.11.2014 auf Ersteintragung der Beschwerdeführerin in das Handelsregister zurückgewiesen hat.
Alleiniger Streitpunkt ist insoweit, ob die notariell errichtete Vollmacht vom 14.7.2014 (Urkundenrollen-Nr ... 1/2014 des Notars N1) den als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin angemeldeten und die Anmeldung vom 28.11.2014 vollziehenden A inhaltlich zur Vornahme der Gründung der Beschwerdeführerin als Ein-Personen-GmbH mit notarieller Urkunde vom 28.11.2014 (Urkundenrollen-Nr ... 2/2014 des Notars N2) ermächtigt hat. Mit dieser Vollmacht, auf die wegen ihrer Formulierung Bezug genommen wird, hat die B HOLDING Aktiengesellschaft, die gemäß vorliegender Anmeldung alleinige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin werden sollte, A bevollmächtigt.
Nach § 2 Abs. 2 GmbHG ist die Unterzeichnung eines Gesellschaftsvertrages durch Bevollmächtigte nur aufgrund einer notariell errichteten oder beglaubigten Vollmacht zulässig. An der ordnungsgemäßen Form der hier maßgeblichen, notariell errichteten Vollmacht vom 14.7.2014 besteht - auch seitens des Registergerichts - kein Zweifel.
Das Registergericht stützt seine Zurückweisung der Ersteintragung der Beschwerdeführerin jedoch zu Recht darauf, dass die fragliche Vollmacht vom 14.7.2014 nicht ausreicht, A zur der von diesem am 28.11.2014 ausdrücklich im Namen der B HOLDING Aktiengesellschaft erklärten Gründung der Beschwerdeführerin als Ein-Personen-GmbH zu bevollmächtigten.
Grundsätzlich ist es im Hinblick auf den Inhalt einer Vollmacht zur Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als ausreichend zu erachten, wenn es sich um eine unbeschränkte Generalvollmacht für einen Bevollmächtigten handelt (allg. Meinung, vgl. u.a. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Auflage, 2016, § 2, Rn. 32; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage, 2013, § 2, Rn. 21; Emmerich/Wicke in Scholz, GmbHG, 11. Auflage, 2012-2015, § 2, Rn. 26, 27; Jaeger in Beck'scher online Kommentar, GmbHG, Stand 01.08.2016, § 2, Rn. 23; Michalski in Michalski, GmbHG, 2010, § 2, Rn. 33; Schäfer in Henssler/Strohn, GesellschaftsR, 3. Aufl., 2016, § 2 GmbHG, Rn. 22; Meyer in Münchener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 2. Aufl., 2015, § 2, Rn. 69).
Von dem Vorliegen einer derartigen unbeschränkten Generalvollmacht für A kann jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgegangen werden.
Zunächst ist die fragliche Vollmacht schon nicht ausdrücklich als Generalvollmacht bezeichnet worden. Ihr Inhalt ist aber weiter auszulegen. Dabei ist, da es sich vorliegend um eine in einer Urkunde verlautbarte Vollmacht handelt, auf die Verständnismöglichkeiten eines Geschäftsgegners - vorliegend jedoch des Registergerichts und des Senats - abzustellen (vgl. allg. Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Aufl., 2016, § 167, Rn. 5). Die fragliche Vollmacht nennt Eingangs zwar die Vertretung "in allen Grundstücks-, Vermögens- und Finanzierungsangelegenheiten", so dass man zunächst an eine Generalvollmacht denken könnte. Dies wird jedoch bereits dadurch jedenfalls dem Wortlaut nach relativiert, als weiter formuliert ist: "Diese Vollmacht erstreckt sich auch auf ..." mit einer sodann folgenden Einzelaufzählung bestimmter Tätigkeiten. Wäre die einleitende Ermächtigung tatsächlich im Sinne einer Generalvollmacht gewollt gewesen, hätte es dieser weiteren Spezifizierung ("... auch ...") schon nicht bedurft. Im Unterschied zu der häufig verwendeten Formulierung "... insbesondere ..." spricht die hier gewählte Formulierung "... auch ..." außerdem nicht zwingend lediglich für eine Klarstellung des Umfangs einer erteilten Generalvollmacht, sondern stellt jedenfalls dem Wortlaut nach die Eingangsformulierung "... in allen Grundstücks-, Vermögens- und Finanzangelegenheiten der Gesellschaft ..." als möglicherweise gewollte und bereits alle denkbaren Vertretungsfälle umfassende Generalvollmacht in Frage. Hinzu kommt, dass zu den nach "... auch ..." aufgelisteten Tätigkeiten dem Wortlaut nach nur der "Erwerb, die Belastung und die Veräußerung von Gesellschaftsrechten in allen Rechtsformen und die Vertretung des Vollmachtgebers in Gesellschafterversammlungen, einschließlich der Stimmrechtsabgabe" gehört. Diese Aufzählung enthält die schon rechtlich davon zu u...