Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Befreiung von § 181 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Ist in einer letztwilligen Verfügung der mit der Erfüllung von Grundstücksvermächtnissen beauftragte Testamentsvollstrecker ausdrücklich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, so spricht dies für die Auslegung, dass der Erblasser ihm nicht nur zur Erklärung der Auflassung für die Erben, sondern auch zur Annahme der Auflassung auf Seiten der Vermächtnisnehmer befugt sein soll.

 

Normenkette

BGB §§ 181, 2147, 2203; GBO §§ 18, 20

 

Verfahrensgang

AG Alsfeld (Entscheidung vom 16.10.2017)

 

Tenor

Ziffer 1 und 2 der Zwischenverfügung vom 16. Oktober 2017 werden aufgehoben.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des Eingangs bezeichneten Grundbesitzes sind im Grundbuch seit 4. Mai 2017 die Beschwerdeführer zu 1 bis 3 in Erbengemeinschaft aufgrund des notariellen Testamentes vom 19. Juni 2008 eingetragen.

Die Voreigentümerin A (im Folgenden: Erblasserin) hatte mit diesem notariellen Testament vom 19. Juni 2008 (UR-Nr. .../2008 des Notars B) die Beschwerdeführer zu 1 bis 3 zu ihren Erben zu gleichen Teilen eingesetzt. Außerdem hatte sie dort Vorausvermächtnisse des Inhalts angeordnet, dass der Beschwerdeführer zu 3 das Grundstück Flur ... Flurstück .... und die Beschwerdeführer zu 1 und 2 als Miteigentümer zu je 1/2 das Grundstück Flur ... Flurstück ... erhalten sollten. Zusätzlich hatte sie Testamentsvollstreckung angeordnet und dem Testamentsvollstrecker als Aufgabe die Durchführung der Erbauseinandersetzung zwischen den Miterben und die Erfüllung der angeordneten Vermächtnisse unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zugewiesen. In einem weiteren privatschriftlichen Testament vom selben Tage hatte sie den Urkundsnotar B zum Testamentsvollstrecker ernannt.

Unter dem 27. September 2017 reichte der hier verfahrensbevollmächtigte Notar seine UR-Nr. .../2017 mit näher bezeichneten Vollzugsanträgen bei dem Grundbuchamt ein. In dieser Urkunde hat der Testamentsvollstrecker in dieser Eigenschaft die beiden vorgenannten Grundstücke auf den Beschwerdeführer zu 3 bzw. die beiden Beschwerdeführer zu 1 und 2 als Miteigentümer übertragen, wobei er auch die Annahme der Eigentumsübertragung ausdrücklich jeweils für die Beschwerdeführer zu 1 bis 3 als Vermächtnisnehmer erklärte. Außerdem erklärte er als Testamentsvollstrecker die Auflassung und beantragte die Eigentumsumschreibung.

Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes beanstandete mit Zwischenverfügung vom 16. Oktober 2017 - soweit hier verfahrensgegenständlich - in Ziffer 1 und 2, die jeweils vom Testamentsvollstrecker allein erklärte Auflassung sei unwirksam, weil §§ 873, 925 BGB eine Einigung von Veräußerer und Erwerber, hier also von dem Testamentsvollstrecker einerseits und dem Beschwerdeführer zu 3 bzw. den Beschwerdeführern zu 1 und 2 andererseits erfordere.

Gegen diese Beanstandungen in Ziffer 1 und 2 der Zwischenverfügung vom 16. Oktober 2017 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar mit Schriftsatz vom 8. November 2017, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird unter Verweis auf im einzelnen zitierte Rechtsprechung im Wesentlichen geltend gemacht, der Testamentsvollstrecker habe die Auflassung nicht einseitig erklärt, sondern für die Erbengemeinschaft auf der einen und für die jeweiligen Vermächtnisnehmer auf der anderen Seite, so dass tatsächlich beiderseitige Einigungserklärungen über den Eigentumsübergang vorlägen. Die vom Testamentsvollstrecker erklärte Auflassung zur Erfüllung der Vorausvermächtnisse sei von dessen Verfügungsbefugnis gedeckt, so dass er in seiner Person auf beiden Seiten des Rechtsgeschäftes habe mitwirken können. Bei einer anderen Handhabung würden Sinn und Zweck sowie der Aufgabenkreis der angeordneten Testamentsvollstreckung vollkommen unterlaufen. Bei der vom Testamentsvollstrecker erklärten Auflassung handele es sich auch nicht um ein unzulässiges In-Sich-Geschäft gemäß § 181 BGB .

Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Dezember 2017, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nicht abgeholfen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, eine Kompetenz des Testamentsvollstreckers zur Vertretung des Vermächtnisnehmers bei der Entgegennahme der Auflassung bestehe nur, wenn der Testamentsvollstrecker nicht nur für die Vollziehung des Vermächtnisses zu sorgen habe, sondern auch auf Seiten des Vermächtnisnehmers eine entsprechende Aufgabe wahrnehmen müsse, so dass die Erfüllung des Vermächtnisses nur eine Art "zwingende Vorstufe" sei. Eine solche beidseitige Erfüllungskompetenz sei in den von der Beschwerde zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und München gegeben, nicht aber im vorliegenden Fall. Denn hier bestehe der Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers ausschließlich in der Erbauseinandersetzung und der Erfüllung der angeordneten Vermächtnisse.

II. Die Beschwerde, über welche nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung...

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