Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrssicherungspflicht des Schwimmbadbetriebes
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 10 O 233/01) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug nicht bewilligt werden, weil sein Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist die Klage auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen des Badeunfalles vom 4.6.1998 zu Recht abgewiesen worden.
Der Entscheidung des Berufungsgerichts sind die vom LG festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen nicht (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das gilt auch für die mit der Berufung angegriffene Tatsachenfeststellung des LG, dass die Zeit der Bergung des Klägers aus dem Wasser bis zum Beginn der Wiederbelebungsversuche länger als 1 Minute dauerte. Die Beweisaufnahme war erschöpfend. Die Beweiswürdigung des LG ist weder in sich widersprüchlich noch läuft sie Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt blieben. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das LG seine Überzeugung auf eine lebensnahe und nachvollziehbare Würdigung der tatsächlichen Vorgänge vom Heraufholen des Klägers vom Boden des Beckens bis zum Beginn der Wiederbelebungsversuche am Beckenrand stützte, da die Zeitdauer dieses Vorgangs von keinem der Zeugen gemessen wurde und die Schätzangaben der Zeugen naturgemäß in erheblichen Maße unsicher sind. Die Überzeugung des LG, dass der Zeitraum der Bergung bis zum Beginn der Wiederbelebungsversuche länger als eine Minute gedauert habe, ist mit den ungenauen und naturgemäß unsicheren Angaben der Zeugen durchaus vereinbar. Das gilt auch für die Angaben der Zeugin B. Diese Zeugin hat ausgesagt, dass der Kläger quer durch das Becken getragen worden sei. Ihre Zeitangabe ("Ich schätze nicht, dass es länger als 1 Minute gedauerte hat, bis das Kind an den Beckenrand verbracht worden war") bezog sich allein auf den beschriebenen Vorgang, nicht aber auch auf das Ablegen des Klägers am Beckenrand bis zum Beginn der Wiederbelebungsversuche. Der Zeuge K. schätzte die Zeit, bis der Kläger am Beckenrand war (nicht: bis zum Beginn der Wiederbelebungsversuche) auf etwa 1 Minute, "vielleicht auch ein bisschen mehr". Die Zeugen H. und G. haben ausdrücklich angegeben, insoweit keine Zeitangaben machen zu können. Danach ist die Beweiswürdigung des LG nicht zu beanstanden. Im Übrigen greift die Berufung die Tatsachenfeststellung des LG nicht an.
Die somit für die Entscheidung des Berufungsgerichts zu Grunde zu legende Tatsachenfeststellung des LG rechtfertigt die Abweisung der geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche.
Die beklagte Stadt haftet für den Badeunfall des Klägers nicht nach §§ 823, 847 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch ihre Organe. Der Umstand, dass entsprechend ihrer Dienstanweisung nur eine Aufsichtskraft als Schwimmmeister unmittelbar am Schwimmbecken eingesetzt war, begründet eine Verletzung der Organisationspflicht nicht. Es war weder allgemein als erforderlich angesehen noch durch eine Vorschrift vorgeschrieben, zur Überwachung des Schwimmbetriebes in einem Freibad von der Größe und Beschaffenheit des Freibades der Beklagten mehr als eine Aufsichtskraft als Schwimmmeister einzusetzen (vgl. BGH v. 2.10.1979 - VI ZR 106/78, MDR 1980, 133 = VersR 1980, 67). Die Dienstanweisung der Beklagten machte die Anzahl der Aufsichtskräfte an dem Becken vom Betrieb abhängig und sah "bei vollem Bad zwei Schwimmmeister am Becken vor". Diese Regelung steht im Einklang mit der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. über die Aufsicht in Schwimmbädern während des öffentlichen Badebetriebes. Danach ist die Anzahl der einzusetzenden Aufsichtskräfte vom Betriebsgeschehen und den örtlichen Bedingungen abhängig, welche ihrerseits insb. durch Art und Größe des Bades, Angebote und Aufsichtsbereiche, Überschaubarkeit des Bades und der Becken, Frequentierung und Teilbenutzung des Bades Belegung und Nutzung sowie örtliche Betriebsbedingungen gekennzeichnet sind. Hier handelte es sich ausweislich der zu den Akten gelangten Lichtbilder und der Planskizze um ein 50 × 22 m großes Becken mit zwei kleineren Zusatzbuchten, von denen die zum Schwimmerbereich gehörige mit zwei Sprungbrettern und die zum Nichtschwimmerbereich gehörige Bucht mit einer Rutschbahn ausgestattet war. Abgesehen von gewissen Beeinträchtigungen der freien Sicht über den Gesamtbereich durch angepflanzte halb hohe Sträucher zwischen den seitlich des Hauptbeckens befindlichen kleineren Buchten und einer Felsgruppe im Nichtschwimmerbereich ist die Anlage ausweislich der Lichtbi...