Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 175/96)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Juni 1997 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 1 O 175/96 – wird zurückgewiesen, soweit sie nicht (gegenüber den Beklagten zu 2) und 4)) zurückgenommen worden ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann bezüglich der Beklagten zu 1), 3) und 5) die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit leisten. Die Sicherheit beträgt im Falle der Vollstreckung seitens der Beklagten zu 1) und 3) sowie seitens des Beklagten zu 5) jeweils 21.000,00 DM. Die Sicherheit kann beiderseits auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Klägerin fordert von den Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines Badeunfalls, den sie am 15. April 1993 in dem Hallenbad der Beklagten zu 3) in N. erlitt.

Die zur Unfallzeit 9 ½ Jahre alte Klägerin gehörte zu einer Gruppe bosnischer und kroatischer Flüchtlingskinder, die durch ein von der Beklagten zu 5) veranstaltetes Seminar auf die Erstkommunion vorbereitet wurden. Im Rahmen dieses Seminars besuchten die Kinder mit Einwilligung ihrer Eltern das Schwimmbad in N.. Begleitet wurden sie von der Beklagten zu 4), einer Ordensschwester. Während des Besuchs der Kinder führte der Beklagte zu 1) die Badeaufsicht. Er ist ausgebildeter Bademeister. Ihm assistierte der Beklagte zu 2), der als Rettungsschwimmer ausgebildet ist und im Schwimmbad sowohl als Reinigungskraft wie auch als Hilfsbademeister eingesetzt wurde.

Das Schwimmbad verfügt über ein 10 × 25 m großes Becken mit einem flachen Nichtschwimmer- und einem tieferen Schwimmerbereich. Dazwischen war am Unfalltag eine Absperrleine gespannt. Neben dem Becken befindet sich eine verglaste Schwimmmeisterkabine.

Die Beklagte zu 4) blieb anwesend, bis die Kinder sich umgezogen und mit dem Baden begonnen hatten. Dann entfernte sie sich, um ein Kind, das sich nicht wohl fühlte, in die nahe gelegene Unterkunft der Gruppe zurückzubegleiten. Unterdessen versank die Klägerin, die nur wenige Züge schwimmen konnte, im Wasser und verlor das Bewusstsein. Es verging einige Zeit, bis ihr reglos am Grund des Beckens schwebender Körper bemerkt wurde. Als der Beklagte zu 1) auf die Situation aufmerksam wurde, war auch der Beklagte zu 2) anwesend. Die beiden Männer sprangen in das Becken, bargen die Klägerin und begannen mit Wiederbelebungsmaßnahmen. Dabei erbrach die Klägerin mehrfach. Nach etwa 20 Minuten traf der Notarzt ein, dem es nach weiteren rd. 10 Minuten gelang, die Herz- und Kreislauffunktionen wiederherzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war das Gehirn aber bereits irreparabel geschädigt. Seit dem Unfall hat die Klägerin das Bewusstsein nicht wiedererlangt. Sie befindet sich im Zustand eines appallischen Syndroms mit spastischer Tetraparese.

Die Klage ist auf den Vorwurf der Aufsichtspflichtverletzung gestützt worden. Die Beklagten zu 1) und 2) hätten die Badeaufsicht nicht mit der gebotenen Sorgfalt ausgeübt. Nur deshalb hätten sie das Absinken der Klägerin nicht rechtzeitig bemerkt. Die Beklagte zu 4) habe pflichtwidrig gehandelt, weil sie sich ohne triftigen Grund entfernt und die Kinder sich selbst überlassen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagten zu 1) bis 5) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 60.000,00 DM, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 5) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem Ereignis vom 15. April 1993 im Hallenbad der Gemeinde N.-S. noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Sie sind der Darstellung der Klägerin entgegengetreten und haben eine Pflichtverletzung in Abrede gestellt.

Das Landgericht hat durch Vernehmung der Zeugin Priel und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Mit Urteil vom 16. Juni 1997 hat es die Klage abgewiesen. Begründet hat es seine Entscheidung im Wesentlichen mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme, die nicht bestätigt habe, dass die Beklagten zu 1), 2) und 4) ihre Pflichten verletzt hätten. Es sei nicht bewiesen, dass die Klägerin länger als 45 Sekunden im Wasser getrieben habe, bevor sie entdeckt und geborgen worden sei. Bei dieser Zeitspanne sei eine unzureichende Badeaufsicht noch nicht feststellbar. Ein strengerer Maßstab dürfe auch an die Aufsichtspflicht der Beklagten zu 4) nicht angelegt werden.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge gegenüber den Beklagten zu 1), 3) und 5) weiter. Bezüglich der Beklagten zu 2) und 4) hat sie die Berufung im Senatstermin vom 12.03.1998 zurückge...

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