Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung einer laufenden Versorgung durch Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kürzung einer laufenden Versorgung durch den Versorgungsausgleich ist auch dann nach § 33 VersAusglG in Höhe des laufenden Unterhaltsanspruchs des Ausgleichsberechtigten auszusetzen, wenn sich die Kürzung weder auf den Bedarf des Ausgleichsberechtigten noch auf die Leistungsfähigkeit des Ausgleichspflichtigen auswirkt, was beispielsweise bei einer konkreten, nicht an einer Quote ausgerichteten Bedarfsbemessung der Fall sein kann.

2. Bei der Anwendung des § 1578b BGB im Rahmen der im Verfahren nach § 33 VersAusglG von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Ausgleichsberechtigten ist äußerste Zurückhaltung geboten, wenn sich die geschiedenen Ehegatten über eine unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung des Ausgleichspflichtigen einig sind.

 

Normenkette

BGB § 1573 Abs. 2, §§ 1578, 1578b; VersAusglG §§ 33-34

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.10.2010; Aktenzeichen 402 F 2286/10)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die Kürzung der dem Beteiligten zu 1) vom Beteiligten zu 3) gewährten Versorgung in Folge des durch Urteil des AG - Familiengericht - Frankfurt/M. vom 21.2.2006, Aktenzeichen 402 F 2183/05, angeordneten Versorgungsausgleichs wird bis zum Renteneintritt der Beteiligten zu 2) mit Wirkung ab 1.6.2010 in voller Höhe ausgesetzt, höchstens jedoch bis zu einem Betrag von 1.270 EUR monatlich.

Die Gerichtskosten beider Rechtszüge tragen die Beteiligten zu gleichen Teilen. Ihre Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Verfahrenswert wird für beide Rechtszüge festgesetzt auf je 6.000 EUR.

 

Gründe

I. Die am ... 1979 geschlossene Ehe der Beteiligten zu 1) und 2), im Folgenden als Ehemann und Ehefrau bezeichnet, wurde durch rechtskräftiges Urteil des AG Frankfurt/M. vom ... 2006 geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde dabei dergestalt durchgeführt, dass zu Lasten der Beamtenversorgung des am ... 1946 geborenen Ehemannes beim Beteiligten zu 3) im Wege des Quasi-Splittings nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht in der gesetzlichen Rentenversicherung monatliche Anwartschaften von 1.189,33 EUR, bezogen auf den 31.5.2005, zugunsten der am ... 1950 geborenen Ehefrau begründet wurden. Zum 1.7.2009 wurde der Ehemann in den Ruhestand versetzt. Das von ihm vom Beteiligten zu 3) bezogene monatliche Ruhegehalt wurde im Hinblick auf den Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Erhöhungen der Versorgungsbezüge um 1.261,94 EUR auf 3.344,04 EUR brutto gekürzt. Mittlerweile beläuft sich die gekürzte Versorgung auf 3.263,22 EUR brutto bei einer Kürzung von 1.269,78 EUR. Wegen des sich hieraus ergebenden Nettoeinkommens wird auf die vorgelegten Bezügeabrechnungen und den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2010, Bl. 143 der Akte, Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 20.5.2010, beim AG eingegangen am 28.5.2010, beantragte der Ehemann die Aussetzung der Kürzung wegen der an seine geschiedene Ehefrau erbrachten Unterhaltsleistungen.

Die Ehefrau bezieht noch keine Rente; sie geht einer geringfügigen Beschäftigung mit einem monatlichen Nettolohn von 400,- EUR nach. Ihre Kapitaleinkünfte beliefen sich im Jahr 2009 auf 16.532,- EUR brutto vor Abzug von Sparerpauschbetrag und Abgeltungssteuer Auf ihre Einkünfte im Jahr 2009 zahlte die Ehefrau Steuern i.H.v. insgesamt 2.523,69 EUR. Auf den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009, Bl. 98f und 115 der Akte, wird Bezug genommen. Ein Nachteilsausgleich für die von der Ehefrau im Wege des begrenzten steuerlichen Realsplittings zu versteuernden Unterhaltsleistungen des Ehemanns erfolgt zwischen den Ehegatten nicht.

Des Weiteren bewohnt die Ehefrau eine Eigentumswohnung mit einem von den Beteiligten übereinstimmend mit 900,- EUR monatlich angegebenen Mietwert. Die hierfür aufzubringenden Rücklagen belaufen sich auf 71,- EUR monatlich. Wegen der weiteren, im Falle einer Vermietung allesamt auf einen Mieter umlegbaren Belastungen wird auf die vorgelegte Aufstellung, Bl. 69 der Akte, Bezug genommen. Die von der Ehefrau zu zahlenden monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge belaufen sich auf 472,57 EUR.

Bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zahlte der Ehemann der Ehefrau aufgrund einer außergerichtlichen Vereinbarung aus dem Jahr 2005 monatlichen Unterhalt von 3.107,- EUR, welcher sich aus 2.000,- EUR Elementarunterhalt, 507,- EUR Altersvorsorgeunterhalt und 600,- EUR für Kranken- und Pflegeversicherung zusammensetzte. Gegenüber ihrem zum damaligen Zeitpunkt über ein bereits um den Kindesunterhalt bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von über 8.000,- EUR zzgl. Wohnvorteil verfügenden Ehemann machte die Ehefrau einen Bedarf bis zur damals geltenden relativen Sättigungsgrenze der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt geltend, wobei sich beide Beteiligten darüber einig waren, dass sich der Erwerb einer Eigentumswohnung durch d...

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