Verfahrensgang

LG Marburg (Beschluss vom 22.12.1997; Aktenzeichen 1 O 204/96)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 22. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 7.000,00 DM zu tragen.

 

Gründe

Die nach § 406 Abs. 5 Halbsatz 2 ZPO an sich statthafte sowie nach den §§567 ff., 577 ZPO auch sonst zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, sind hinreichende Gründe, den Sachverständigen … wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, nicht dargetan. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der Beklagte zur Versicherung an Eides statt nicht zugelassen werden durfte (§ 406 Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO). Ungeachtet des Inhalts dieser eidesstattlichen Versicherung ist jedoch – auch aufgrund der schriftlichen Äußerung des Sachverständigen vom 6. Dezember 1997 – im wesentlichen unstreitig, daß der Kläger als Inhaber einer Schreinerei in … und der in … ansässige Sachverständige als ehemaliges Vorstandsmitglied der Junghandwerkerschaft sowie als Stellvertreter des Obermeisters der Tischlerinnung als Kollegen miteinander bekannt und auch per Du sind. Die Bekanntschaft des Klägers und des Sachverständigen bezieht sich auch auf die Ehefrauen. Deshalb ist das vor der Ortsbesichtigung am 1. Oktober 1997 im Wartezimmer des Beklagten geführte Gespräch des Klägers mit dem Sachverständigen nur als ein Gespräch unter miteinander bekannten Kollegen zu werten. Dabei ist es unter Handwerkern von alters her üblich, das vertrauter klingende „Du” zu verwenden, auch wenn sie miteinander nicht näher bekannt oder gar befreundet sind. Wenn – wie hier – zwei Handwerker desselben Berufszweigs eine Wartezeit damit überbrücken, daß sie sich über ihr Befinden unterhalten und sich auch nach dem Wohlergehen der Ehefrauen erkundigen, besagt dies ebensowenig für eine Parteinahme des Sachverständigen im vorliegenden Rechtsstreit wie der Umstand, daß der Sachverständige gemeinsam mit dem Kläger zur Ortsbesichtigung erschien und zusammen mit ihm wieder ging. Desgleichen dürfte es nicht mehr als ein Akt der Höflichkeit des offenbar jüngeren Klägers gegenüber dem Sachverständigen gewesen sein, daß der Kläger nach der Ortsbesichtigung noch einmal in die Praxis des Beklagten zurückkam, um dort einen Schirm zu holen, den der Sachverständige vergessen hatte. Aus einem derartigen gesellschaftlichen Umgang von Handwerkern untereinander schließen zu wollen, daß der Sachverständige sein Gutachten nicht unparteiisch nach besten Wissen und Gewissen erstatten werde oder erstattet habe, geht nicht an. Insoweit ist nicht allein die subjektive Einschätzung einer Partei maßgebend, sondern es müssen auch genügend sachliche Gründe vorliegen, die in den Augen eines verständigen Menschen geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu wecken. Vernünftige Gründe, im vorliegenden Fall gegen den Sachverständigen … die Besorgnis der Befangenheit zu hegen, wären etwa dann gegeben, wenn er mit dem Kläger über die kollegiale Bekanntschaft hinaus näher befreundet wäre und deshalb bewußt oder unbewußt versucht gewesen sein könnte, seine beiden schriftlichen Gutachten einseitig zu Lasten des Beklagten zu erstatten. Eine freundschaftliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen ist jedoch nicht dargetan, und auch die beiden schriftlichen Gutachten enthalten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Sachverständige falsche Ausführungen gemacht und entgegen seinen Schlußerklärungen die Gutachten nicht „nach besten Wissen und Gewissen neutral und objektiv sowie unter Berufung auf den geleisteten Eid erstattet” habe. Insoweit wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf Seite 2, Abs. 1 der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Da der Beklagte mit seiner Beschwerde unterliegt, hat er nach § 97 Abs. 1 ZPO deren Kosten zu tragen, wobei der Beschwerdewert auf etwa ein Drittel des Streitwerts festgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt am Main MDR 1980, 145).

 

Unterschriften

Antrecht, Krämer, Stanoschek

 

Fundstellen

Haufe-Index 1122310

BauR 1998, 829

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