Entscheidungsstichwort (Thema)
Differenztheorie
Leitsatz (amtlich)
Nach der von der Rechtspflegerin vorliegend zugrunde gelegten Differenztheorie, die auch nach Erlass des KostRÄndG 1994 (BGBl. I 1325) nach ganz überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung weiterhin anwendbar ist, kommt wegen des Teilfreispruchs ein gegen die Staatskasse festzusetzender Erstattungsbetrag nicht in Betracht. Hiernach hat bei einem Teilfreispruch grundsätzlich der Angeklagte seine Auslagen selbst zu tragen, ihm sind nur ausscheidbare Auslagen, die allein auf den freisprechenden Teil des Urteils entfallen, gemäß § 52 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. RVG aus der Staatskasse zu erstatten.
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 961 Js 18490/04 - 15 KLs) |
Gründe
I.
Dem früheren Angeklagten und nunmehrigen Beschwerdeführer wurde durch die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Darmstadt vom 07. September 2004 - auf die im Übrigen Bezug genommen wird (Blatt 1083 - 1112 d. A.) - zur Last gelegt, in 26 Fällen als Mitglied einer Bande Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben zu haben. In einem Fall darüber hinaus gemeinschaftlich handelnd und tateinheitlich mit Stoffen, die nicht Betäubungsmittel sind, gemäß § 29 Abs. 6 BtMG Handel getrieben und dabei betrügerisch in einem besonders schweren Fall gehandelt zu haben. Schließlich wurde ihm ein gemeinschaftlicher erpresserischer Menschenraub in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung zur Last gelegt. Am 10. Juli 2006, rechtskräftig seit dem 22. Februar 2007, ist er nach 36 Hauptverhandlungstagen von dem Landgericht Darmstadt - 15. große Strafkammer - wegen Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden. Im Übrigen wurde er freigesprochen. In Bezug auf den Beschwerdeführer lautet die Kostenentscheidung der Strafkammer wie folgt: "Der Angeklagte A1 hat die Verfahrenskosten und seine notwendigen Auslagen im Umfang seiner Verurteilung zu tragen. Im Übrigen fallen die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last." Sein Neffe B1 wurde in demselben Urteil wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 11 Fällen sowie wegen erpresserischem Menschenraub in Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren verurteilt. Auf Antrag wurde dem Pflichtverteidiger des Verurteilten A1, Rechtsanwalt RA1, eine Vergütung von 11.202,58 EUR zugesprochen (Blatt 97 - 102 d. Kostensonderbandes). Seinen Antrag vom 02. Oktober 2007 auf Festsetzung eines durch den Teilfreispruch bedingten Erstattungsanspruchs gegen die Staatskasse in Höhe von 2.836,49 EUR (14.039,07 EUR abzgl. 11.202,58 EUR, Blatt 142 - 146 Kostensonderband) hat die Rechtspflegerin bei dem Landgericht Darmstadt mit Beschluss vom 07. November 2007 zurückgewiesen (Blatt 151, 152 Kostensonderband). Gegen diesen, Rechtsanwalt RA1 am 13. November 2007 zugestellten Beschluss hat er namens und in Vollmacht des Verurteilten mit am 20. November 2007 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, §§ 464 b S. 3, 311 Abs. 2 S. 1 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG. Der Senat entscheidet in der für das Strafverfahren vorgesehenen Besetzung mit 3 Berufsrichtern (vgl. Meyer - Goßner, 50. Aufl., Rz. 7 a. E., § 464 b; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.03.2004 - 2 Ws 29/04 - zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der StPO, hier: der Beschwerdefrist).
Die sofortige Beschwerde bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Nach der von der Rechtspflegerin vorliegend zugrunde gelegten Differenztheorie, die auch nach Erlass des KostRÄndG 1994 (BGBl. I 1325) nach ganz überwiegender, auch vom Senat (vgl. zuletzt die Beschlüsse vom 17. Mai 2006 - 2 Ws 79/06 -; vom 25. Oktober 2006 - 2 Ws 163/06 -) geteilter Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. OLG Braunschweig, NJW 1970, 1809; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.03.1998 - 3 Ws 299/97 -; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.12.2001 - 4 Ws 523/01 -; OLG Hamm, Beschluss vom 17.04.2007 - 4 Ws 97/07 -, jew. zit. nach [...]; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., Rz. 8 f., § 465; Karlsruher Kommentar/Franke, StPO, 5. Aufl., Rz. 7, § 465, jew. m. w. N.) weiterhin anwendbar ist, kommt wegen des Teilfreispruchs ein gegen die Staatskasse festzusetzender Erstattungsbetrag nicht in Betracht. Hiernach hat bei einem Teilfreispruch grundsätzlich der Angeklagte seine Auslagen selbst zu tragen, ihm sind nur ausscheidbare Auslagen, die allein auf den freisprechenden Teil des Urteils entfallen, gemäß § 52 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. RVG aus der Staatskasse zu erstatten. Insoweit ist der gegen die Staatskasse gerichtete Anspruch des Beschwerdeführes auf Zahlung der Wahlverteidigergebühr jedoch gemäß § 52 A. 1 S. 2 RVG entfallen. Vorliegend hat der Verteidiger das ihm durch § 14 Abs. 1 RVG eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeü...