Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nach § 10a Nr. 1 EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rechtsstreit um die Verpflichtung zur Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zur Geltendmachung des begrenzten Realsplittings nach § 10a Nr. 1 EStG ist der Streitwert nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der Abgabe der Zustimmung festzusetzen. Das Interesse bemisst sich bei ökonomischer Betrachtung nach der erwarteten Steuerersparnis des Antragstellers abzüglich der dem anderen Ehegatten auszugleichenden Nachteile.

 

Normenkette

FamGKG §§ 42, 59; EStG § 10a

 

Verfahrensgang

AG Fulda (Beschluss vom 05.01.2017; Aktenzeichen 45 F 129/16 UE)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 17.474 Euro festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 440 Euro festgesetzt.

Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin A, O1 bewilligt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute.

Im zugrunde liegenden Verfahren machte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin mit am 04.05.2016 beim AG eingegangenem Schriftsatz einen Anspruch auf Zustimmung zum einkommensteuerrechtlichen Sonderausgabenabzug des Ehegattenunterhalts für die Veranlagungszeiträume 2011 bis 2015 geltend. Der Antragsteller führte aus, dass er davon ausgehe, dass er unter Berücksichtigung seiner Einkünfte und seiner persönlichen Steuermerkmale sowie des geleisteten Unterhalts für die genannten Zeiträume eine Steuerersparnis von insgesamt 24.500 Euro bei Durchführung des begrenzten Realsplittings erlangen werde.

Nachdem die Antragsgegnerin im Laufe des Verfahrens die begehrten Zustimmungserklärungen abgegeben hatte, erklärten die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Das AG erlegte der Antragsgegnerin daraufhin mit Beschluss vom 05.01.2017 die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf und setzte mit einem weiteren Beschluss vom gleichen Tag den Verfahrenswert auf 24.500 Euro fest.

Diese Verfahrenswertfestsetzung ist Gegenstand des hiesigen Beschwerdeverfahrens, das die zuständige Einzelrichterin mit Beschluss vom 05.04.2014 gemäß §§ 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 5 Satz 2 FamGKG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auf den Senat übertragen hat.

Die Antragsgegnerin macht im Rahmen ihrer am 01.03.2017 erhobenen Beschwerde geltend, dass die Wertfestsetzung unzutreffend sei, da den zu erwartenden Steuervorteilen des Antragstellers bei Durchführung des begrenzten Realsplittings Steuernachteile der Antragsgegnerin gegenüberstünden, für die der Antragsteller ausgleichspflichtig sei. Diese Beträge seien bei der Wertfestsetzung von den Steuervorteilen in Abzug zu bringen, da das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers für das zugrunde liegende Verfahren nur in dem verbleibenden Saldo von Steuervorteilen und Steuernachteilen liege.

Das AG hat der Beschwerde der Antragsgegnerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluss vom 05.01.2017 ist nach § 59 FamGKG zulässig, insbesondere innerhalb der 6-Monatsfrist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG eingelegt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Betrag von 200 Euro (§ 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG), denn bei dem festgesetzten Verfahrenswert von 24.500 Euro belaufen sich die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die die Antragsgegnerin nach der Kostenentscheidung des Beschlusses vom 05.01.2017 zu tragen hat, auf insgesamt 3.598 Euro (3 Gerichtsgebühren à 371 Euro = 1.113 Euro + 2 × Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.242,84 Euro (1,3 Gebühren à 788 Euro + Postpauschale und Mehrwertsteuer). Bei dem von der Antragsgegnerin angestrebten Verfahrenswert von 17.474 Euro würden demgegenüber lediglich Gebühren in Höhe von insgesamt 3.158 Euro (3 Gerichtsgebühren à 319 Euro = 957 Euro und 2 × Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.100,51 Euro (1,3 Gebühren à 696 Euro + Mehrwertsteuer und Postpauschale) entstehen. Die Differenz der Kosten, die nach dem festgesetzten Wert anfallen und der Kosten, die nach dem mit der Beschwerde beantragten Wert anfallen würden, bestimmt den Beschwerdegegenstand und ist mit 440 Euro höher als der Beschwerdewert von 200 Euro.

Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Die Festsetzung des Verfahrenswerts bei der Geltendmachung des begrenzten Realsplittings bemisst sich gemäß § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen. Ausschlaggebend ist das Interesse des Antragstellers an der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting, so dass einerseits auf den steuerlichen Vorteil, der durch die Geltendmachung der Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG für den Antragsteller entstehen wird, abzustellen ist. Diesen Steuervorteil hat der Antragsteller anhand seiner Einkom...

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